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Häufig gestellte Fragen zur Corona-App

Letzte Aktualisierung am 20.4.2020.

Uns sind in den letzten Tagen viele Fragen zur Corona-App begegnet, auch wurden einige direkt an uns herangetragen. Mit diesem Beitrag versuchen wir euch die häufigsten Fragen ausführlich mit entsprechenden Quellennachweisen zu beantworten.

Fragen zur Corona-App

Wenn du bei wiederholten Meldungen durch die App genervt bist und deswegen nicht mehr reagieren willst, stellt sich die Frage, warum du dir dann die App ursprünglich installiert hast? Denn das ist ja genau ihr Zweck: dich zu informieren, dass du Kontakt mit einer infizierten Person hattest, um dich und deine Liebsten zu warnen und damit zu schützen. Generell sollte dieser Fall aber nicht eintreten, da es sich dann wohl um Personen aus dem engen Familien- oder Freundeskreis handelt, mit denen man häufig in letzter Zeit Kontakt hatte.

Kurz zusammengefasst nutzt die App die Bluetooth-Schnittstelle eines Smartphones. Befinden sich zwei Nutzer*innen der App in gegenseitiger Reichweite, so tauschen die Smartphones zufällig generierte Zahlencodes aus. Ein Algorithmus in der App prüft dann, ob der Abstand und die Dauer des Kontakts für eine potentielle Infektion ausreicht. Wenn dies der Fall ist, so werden die Zahlencodes gespeichert. Infiziert sich später ein*e Nutzer*in, so kann mit Hilfe der Zahlencodes eine Benachrichtigung an alle Smartphones der Personen gesendet werden, welche während der Inkubationszeit Kontakt mit der infizierten Person hatten. Die Benachrichtigung warnt vor einer möglichen Infektion und bietet weitere Informationen, wie etwa die Empfehlung zur präventiven Quarantäne und Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Gesundheitsamt.

Es gibt verschiedene Ansätze wie die App im Detail funktionieren kann. Vor allem geht es um die Frage eines zentralen gegenüber einem dezentralen Ansatz. Bei einem zentralen Ansatz würde die Liste der Zahlencodes im Falle einer Infektion auf einen zentralen Server hochgeladen werden. Dies bietet aber die potentielle Möglichkeit einer Deanonymisierung und damit Identifizierung der Kontakte. Im Gegensatz dazu wird bei einem dezentralen Ansatz nur der Zahlencode des Infizierten markiert und alle anderen Smartphones prüfen selbstständig, ob sie Kontakt mit diesem Zahlencode hatten. Aktuell (Stand 20.4.) ist dazu noch nichts entschieden, außer dass die Bundesregierung offiziell die Initiative Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing (PEPP-PT) unterstützt, welche zum Ziel hat, sowohl zentrale als auch dezentrale Ansätze gleichermaßen zu unterstützen. Wer mehr über den Richtungsstreit und die verschiedenen Ansätze erfahren möchte, findet in diesem Artikel auf netzpolitik.org eine ausführliche Zusammenfassung mit vielen weiteren Links.

Ich fordere weiterhin, wie auch der Chaos Computer Club, einen dezentralen Ansatz, um das Missbrauchspotential so weit wie möglich zu reduzieren. Eine ausführliche und trotzdem leicht verständliche Beschreibung eines solchen dezentralen Ansatzes mit dem Namen Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing (DP3T) lässt sich in diesem Artikel auf republik.ch nachlesen.

Wir alle möchten die Grundrechtseinschränkungen, die durch die Corona-Pandemie nötig geworden sind, so schnell es geht wieder zurückschrauben. Deshalb wird es auch eine große Akzeptanz der Bevölkerung geben. Um aber auf Nummer sicher zu gehen, ist natürlich auch der Gesetzgeber gefragt. Dieser muss durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass Menschen nicht dazu gezwungen werden andere, wie etwa den Arbeitgeber, über die Installation oder den Status der App auf dem eigenen Gerät zu informieren. Dies muss durch entsprechende gesetzliche Regelungen abgesichert werden. Die Nutzung der App darf keinesfalls an etwaige Freiheitsrechte geknüpft sein. Die App darf nicht als Zugangsbarriere zu öffentlichen oder privaten Gebäuden, Räumen oder Veranstaltungen dienen. Dies würde eine Diskriminierung jener Menschen bedeuten, welche die App nicht nutzen (können). Freiwilligkeit ist und bleibt das System, das am besten zu unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung passt.

Letztendlich schaffen wir das nur gemeinsam als Gesellschaft. Wir sollten uns nicht gegenseitig ausspielen. Es geht um Solidarität, denn die App hilft nicht nur den Nutzer*innen, sondern vor allem auch der Allgemeinheit.

Kurz gesagt: Nein.

Um möglichst viele Teile der Bevölkerung von der Nutzung der App zu überzeugen und somit einen optimalen epidemiologischen Nutzen zu erzielen (siehe auch die Frage: „Wie hoch muss der Anteil in der Bevölkerung sein, welche eine Corona-App einsetzen?“), sollte die App allen kostenlos zur Verfügung stehen. Darüber hinaus muss das Prinzip der Freiwilligkeit gelten, dass heißt niemand darf gezwungen werden die App zu installieren. Die für die Entwicklung und den Betrieb der App anfallenden Kosten müssen durch staatliche Unterstützung ausgeglichen werden, wodurch die App letztendlich auch kostenfrei angeboten werden kann.

Die Installation und Nutzung der App muss in jedem Fall freiwillig sein und auch so gesetzlich geregelt werden. Niemand sollte zur Nutzung der App gezwungen werden oder durch finanzielle Anreize dazu gedrängt werden. Dies abzusichern und auch durchzusetzen muss oberste Priorität bei Politik und Gesetzgebung haben.

Etwaige Freiheitsrechte dürfen nicht an die Nutzung der App geknüpft sein. Allein deswegen, weil Personen ohne ein (kompatibles) Smartphone nicht diskriminiert werden dürfen, wie beispielsweise ältere Menschen oder Kinder. Der Staat sollte ebenfalls seine Bürgerinnen und Bürger davor schützen, dass Unternehmen oder Organisationen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Nutzung der App zwingen.

Das ist wie bei einer Impfung. Wenn genug Menschen geimpft sind, schützt das alle. So verhält es sich auch mit der App. Nutzen ausreichend viele Menschen in der Bevölkerung die App, so werden damit auch die Menschen geschützt, welche kein oder kein unterstütztes Smartphone besitzen. Also vor allem auch Kinder und Ältere.

Im renommierten Science Magazin wurde dazu eine Studie veröffentlicht. Basierend auf Modellrechnungen kommt sie zu dem Schluss, dass etwa 60 Prozent der Bevölkerung eine solche App installieren müssten. Dazu Christian Drosten im Corona-Podcast des NDR, Folge 27: „[…] das bedeutet, man muss sich klarmachen, wenn 60 Prozent der Bevölkerung so eine App installieren würden und wenn dann wieder ungefähr 60 Prozent derjenigen, die informiert werden, dass sie zu Hause bleiben sollen, auch wirklich zu Hause bleiben, dann könnte man schon R unter eins senken.“ Mit R ist die sogenannte Nettoreproduktionszahl gemeint, welche ausdrückt wie viele weitere Personen eine infizierte Person ansteckt. Liegt dieser Wert bei kleiner oder gleich 1, nimmt die Anzahl an neu auftretenden Krankheitsfällen nicht mehr zu und die Epidemie gilt als unter Kontrolle.

Zwei Dinge müssen bei der Interpretation der Studie jedoch beachtet werden. Die Studie geht von der weltweiten Bruttoreproduktionszahl R0=2 aus. Laut dem Epidemiologischen Bulletin 17/2020 vom Robert-Koch-Institut (RKI) war für Deutschland am 9. März 2020 schätzungsweise R0=3, als man auch erste Maßnahmen ergriff und Großveranstaltungen absagte. Seit dem 23. März liegt R unter 1 und somit müsste der Anteil an der Bevölkerung, welche die App einsetzen, momentan geringer sein. Die Studie nimmt auch an, dass die App die einzige Maßnahme zur Eindämmung des Virus ist. Geht man nun davon aus, es werden weiterhin zusätzliche Maßnahmen ergriffen, wie die Vermeidung von Händeschütteln, Abstand halten, Mundschutz und das Verbot von Großveranstaltungen, so könnte ein noch geringerer Anteil in der Bevölkerung, welche die App nutzen, ausreichen. Daraus lässt sich schließen, dass 60% Nutzungsanteil das Optimum wären, aber weniger auch schon helfen kann.

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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