Es war ein anstrengendes, aber auch ein tolles Wochenende auf dem digitalen Parteitag. Wir haben über 50 Anträge abgestimmt. Sicher mindestens genau so viele Bewerbungsreden gehört und großartige Menschen für herausfordernde und spannende Aufgaben gewählt. Wir haben die „Wurzeln für die Zukunft“ mit einer Grünen Regierungsbeteiligung gelegt und in den vielen Auszählpausen sogar einiges über Pflanzen gelernt. In diesem Beitrag versuche ich die aus meiner Sicht wichtigsten Dinge zusammenzufassen. Die Liste ist ganz sicher nicht vollständig 😉
Wir haben einen neuen Bundesvorstand
Unsere beiden neuen Bundesvorsitzenden sind Ricarda Lang (Baden-Württemberg) und Omid Nouripour (Hessen). 🎉 Als stellvertretende Bundesvorsitzende wurden Pegah Edalatian (Nordrhein-Westfalen) und Heiko Knopf (Thüringen) gewählt. Emily Büning (Hamburg) übernimmt den Job als politische Geschäftsführerin von Michael Kellner und Marc Urbatsch (Berlin) ist und bleibt Schatzmeister. Lob und Anerkennung geht hier auch an unseren Leipziger Kandidaten Daniel Tiedtke, welcher aus dem Stand 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Ein tolles Ergebnis!
Wir haben auch einen neuen Bundesparteirat
Für den Bundesparteirat wurden auf den Frauenplätzen gewählt (die Zahlen entsprechen der Position im Bild): Annalena Bearbock (1), Katharina Schulze (3), Katharina Dröge (5), Katharina Horn (7), Britta Haßelmann (9), Franziska Schubert (11). Auf den offene Plätzen wurden gewählt: Robert Habeck (2), Ska Keller (4), Georg Kössler (6), Erik Marquardt (8), Christian Meyer (10), Belit Onay (12) und Mona Neubaur (13). Ein herzlicher Glückwunsch geht natürlich an unsere sächsische Fraktionsvorsitzende Franziska aus dem KV Görlitz. Das ist ein super Erfolg und garantiert die ostdeutsche Perspektive in der Bundespartei. Viel Erfolg bei der Arbeit!
Es gab Änderungen an der Satzung
Es gab sehr viele Satzungsänderungen. Ich habe wirklich nur einen kleinen Teil davon ausgewählt. Eine komplette Liste findet ihr im Antragsgrün. Übrigens, die Satzungsänderungen müssen, genauso wie die Wahlen zum Vorstand und dem Parteirat, erst noch per Briefwahl bestätigt werden.
- In Zukunft kann man auch neben der Europäischen Grünen Partei (EGP) Mitglied in einer anderen europäischen Partei sein. Ein guter Schritt für die Vernetzung von Klimaschutz-Initiativen in der EU. Mehr Infos dazu unter S-04: Mitgliedschaft in anderen europäischen Parteien.
- Die Trennung von Amt und Mandat in einer sehr strengen Form stand mit S-23: Unabhängigkeit des Bundesvorstandes wahren – Trennung von Amt und Mandat stärker verankern! zur Debatte und wurde deutlich abgelehnt.
- Die Antragskommission wurde um 2 Plätze vergrößert. Das war unstrittig und ist auch notwendig geworden, da durch den großen Mitgliederzuwachs auch mehr Anträge zu einer BDK eingereicht werden und verhandelt werden müssen. Weiter Infos im unter S-09: Antragskommission.
- Ein weiterer Schritt, der durch die stetig steigenden Mitgliedszahlen notwendig geworden ist, ist die Erhöhung der notwendigen Unterstützer:innen für Anträge zur BDK. Hier gab es sehr viele verschiedene Varianten von 25, 30, 50 oder auch einem dynamischen Faktor gebunden an die Mitgliederzahl. Am Ende hat sich ein Kompromiss durchgesetzt, welcher von der BAG Demokratie und Recht vorgeschlagen wurde. Die genaue Formulierung findet ihr im Antragsgrün unter S-01-008-4: Erhöhung der Anzahl der Antragsteller:innen.
Es gab auch Dringlichkeitsanträge
Für Anträge die nach der Antragsfrist (17. Dezember 2021, 23:59 Uhr) eingehen, muss die BDK beschließen, dass diese tatsächlich dringlich sind. Ich möchte euch gern zwei davon vorstellen, für die die BDK dies positiv entschieden hat:
- Sehr beschäftigt hat den Parteitag die Diskussion um die EU-Taxonomie zur Nachhaltigkeit von Gas und Atomkraft (meine Meinung dazu). Dazu wurden mit den Anträgen D-02/03 NEU: EU-Taxonomie: Klare Kante gegen Atom und Gas – kein Greenwashing! und D-05: Keine Renaissance der Atomenergie in Europa zwei glasklare und eindeutige Beschlüsse getroffen. Es wurde noch einmal festgestellt, dass dies der falsche Weg ist und wir jetzt die Weichen auf einen massiven Zubau der Erneuerbaren stellen müssen. Die Grünen im Europäischen Parlament sollen versuchen eine Mehrheit gegen diesen Vorschlag zu organisieren. Die Bundestagsfraktion soll sich zum jetzigen Zeitpunkt gegen die Einstufung von Carbon Capture and Storage als emissionsmindernd einsetzen und notfalls an der Seite Österreichs gegen den delegierten Rechtsakt zu klagen. Zu guter Letzt soll der Euratom-Vertrag in ein neues, zeitgemäßes EU-Abkommen überführt werden, welches die Förderung der Erneuerbaren Energien regelt und die Altlasten der Atomindustrie europaweit dauerhaft verantwortlich sichert und verwahrt.
- Der Antrag D-04: Die nukleare Teilhabe nicht auf Jahrzehnte festschreiben – Neu fordert die Bundestagsfraktion auf, die Beschaffung eines für Atomwaffen zertifizierten Tornado-Nachfolgesystems und eine Zertifizierung eines solchen Systems für Atomwaffen vorerst abzulehnen. Der Antrag wurde leider nicht angenommen. Zu diesem Sachverhalt wurde sich allerdings bereits im Koalitionsvertrag verständigt. Dafür haben wir aber als Kompromiss den für uns sehr wichtigen Beobachterstatus bei der Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags (AVV) gesichert. Ein wirklich großer Erfolg mit internationaler Relevanz. Merle Spellerberg wird für uns als zuständige Berichterstatterin bei der Vertragsstaatenkonferenz zum AVV im März in Wien teilnehmen und ist gern bereit von dort zu berichten. Eine atomwaffenfreie Welt bleibt weiter in Reichweite.
Aktuelle Debatte
Es wurden sehr viele und gute Anträge beraten und beschlossen, von denen ich euch gern noch zwei vorstellen möchte:
- Der Antrag A-01: Menschenrechte statt Propaganda – Diplomatischer Boykott von Winter Olympia und Fußball-WM 2022 fordert die Regierungsvertreter:innen auf Bundes- und Landesebene, sowie auch die entsprechenden Funktionär:innen des deutschen Sports dazu auf, den olympischen Winterspielen in Peking 2022 und der Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 fernzubleiben. Dieser Antrag wurde an die Bundestagsfraktion überwiesen.
- Der Antrag A-03: Pressefreiheit schützen – Asyl und Freiheit für Julian Assange! wurde ohne Gegenrede eindeutig angenommen. Die Bundesregierung wird damit aufgefordert, angesichts der drohenden Abschiebung von Julian Assange in die USA unverzüglich tätig zu werden, um die Abschiebung zu verhindern und gegebenenfalls Asyl in Deutschland zu bieten. Pressefreiheit und die Freiheit der Medien ist und bleibt damit unteilbar.
Neben den vielen Wahlen und Abstimmungen haben wir auch den Haushalt für 2022 beschlossen. Es wurde viel über den Bundestagswahlkampf gesprochen. Es wurde klar gesagt, dass dort mehr drin gewesen wäre und die Aufarbeitung weiter läuft. Alles in allem ein toller digitaler Parteitag, der getreu dem Motto wirklich die Wurzeln für die Zukunft geschlagen hat.
Porträts: Wikimedia Commons und gruene.de
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