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Sachsen veröffentlicht eigene KI-Strategie

2017 sagte Russlands Präsident Wladmir Putin vor Student:innen zum Thema Künstliche Intelligenz: „Wer in diesem Bereich die Führung übernimmt, wird Herrscher der Welt.“ Ob das wirklich so kommt, wird sich noch zeigen.

Eines aber ist klar: Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile omnipräsent und kommt in immer mehr Bereichen zum Einsatz, ob in der Wirtschaft, bei der Optimierung von Produktions- und Lieferketten, oder im Privaten bei der täglichen Google-Suche. Aktuell findet regelrecht eine Art weltweites Wettrüsten um die besten Anwendungen und Algorithmen statt. Laut dem 2021 AI Index Report der Stanford University kommen nach China die meisten wissenschaftlichen Publikationen zu KI aus der Europäischen Union, wobei Deutschland innerhalb der EU die Spitzenposition einnimmt.

Bedeutung für Sachsen

Umso wichtiger, dass auch Sachsen sich verstärkt diesem Thema widmet. Denn als der bedeutendste IT- und Halbleiter-Standort in Europa („Europas größter Mikroelektronik-/IKT-Standort und der fünftgrößte weltweit“) sollte Sachsen auch beim Thema KI vorne mit dabei sein, um damit seine Bedeutung als Softwareland und Halbleiter-Standort zu erhalten und weiter auszubauen.

Aus diesem Grund hat die aktuelle Koalition aus CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD bereits im Koalitionsvertrag (Seite 16) die Entwicklung einer sächsischen KI-Strategie vereinbart. Damit soll KI als Schlüsseltechnologie im Freistaat Sachsen gestärkt und dauerhaft unterstützt werden.

Ziele der Strategie

Mit der nun im Kabinett beschlossenen „KI-Strategie für den Freistaat Sachsen“ kommt die aktuelle Staatsregierung dieser Vereinbarung nach. Die Strategie soll helfen, Sachsen in den nächsten Jahren zu einem der führenden deutschen Forschungs- und Innovationsstandorte für Künstliche Intelligenz zu machen. Dabei ist sie eingebettet in die Strategie des Bundes und das Weißbuch der Europäischen Union sowie abgestimmt mit der Strategie „Sachsen Digital“, der Innovationsstrategie des Freistaates Sachsen und dem Projekt ZukunftsWerkstatt INDUSTRIE.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden insgesamt neun Strategieziele herausgearbeitet:

  1. Schaffung einer Kompetenzstelle KI in der neu geschaffenen Digitalagentur Sachsen als zentrale Anlaufstelle zum Vernetzen, Informieren und Austauschen.
  2. Ausbau der KI-Förderung in der Forschung und Verbesserung des Wissens- und Technologietransfers in die Gesellschaft und die Wirtschaft.
  3. KI-Standortmarketing und Verbesserung der Rahmenbedingungen für Fachkräfte und Unternehmen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
  4. Unterstützung von Sächsischen Unternehmen im Einsatz von KI sowie die Anpassung arbeitsrechtlicher Regelungsrahmen an KI.
  5. Schaffung von Vertrauen in KI-Anwendungen durch Stärkung der Sicherheit und Einhaltung geltender EU-Standards.
  6. Verankerung von KI in der Aus- und Weiterbildung, an berufsbildenden Schulen und Ausbildungszentren sowie in Forschung und Lehre.
  7. Einsatz von KI in der Verwaltung mit Förderung der Kompetenz und unter Einhaltung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Bürger:innen.
  8. Mehr Daten besser vernetzen durch offene Standards und Umsetzung der FAIR-Prinzipien.
  9. Ausbau des Open Data-Portals durch stetige Weiterentwicklung und deutliche Erhöhung der zur Verfügung gestellten Verwaltungsdaten.

Für jedes dieser Ziele werden in der Strategie außerdem bereits laufende oder zukünftig geplante Projekte genannt. Mit Hilfe dieser Projekte sollen die Ziele der Strategie umgesetzt werden. Beispielsweise das bereits laufende Forschungsprojekt ScaDS.AI, welches die Verbindung von Daten und KI erforscht. Mit dem Konsortium „EDIH Saxony“ soll ein European Digital Innovation Hub (EDIH) in Sachsen als Ort des Technologietransfers für Unternehmen, insbesondere KMU, sowie den öffentlichen Sektor, aufgebaut werden. Und mit der Etablierung eines „Beirat für Digitale Ethik“ sollen die gesellschaftlichen Auswirkungen durch den Einsatz von KI begleitet werden, um aktuelle Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und regulatorische Maßnahmen vorzuschlagen und um das Vertrauen und die Sicherheit in KI zu stärken. Dies sind nur einige der vielen Projekte, welche in der Strategie vorgestellt werden.

BÜNDNISGRÜNE Beiträge zur Strategie

Die KI-Strategie enthält auch mehrere BÜNDNISGRÜNE Forderungen, welche wir bei der Erstellung erfolgreich einbringen konnten. So hat etwa das Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) federführend das Strategieziel 5 beigetragen.

Für uns BÜNDNISGRÜNE ist der verantwortungsvolle Einsatz von KI von zentraler Bedeutung, damit die Sicherheit und das Vertrauen der Bürger:innen in KI-Anwendungen sichergestellt werden kann. Dazu zählt für uns die Einhaltung und das weitere Voranbringen der in der EU geltenden Standards wie Datenschutz, Datensicherheit, Gleichberechtigung, Diskriminierungsfreiheit, Diversität und Teilhabe. Um dies zu gewährleisten, wollen wir bei den eingesetzten Algorithmen und Systemen vor allem Open Source-Entwicklungen begünstigen.

Zum Trainieren von KI-Systemen braucht es große Datenmengen. Damit diese nicht nur geschlossenen Gruppen, wie etwa der Wirtschaft zur Verfügung stehen, haben wir auf die Bedeutung von offenen Daten und Standards überall in der Strategie, aber besonders in Strategieziel 8, geachtet. So können diese Daten auch außerhalb der Projekte und Förderung frei genutzt werden. Etwa durch zivilgesellschaftliche Organisationen, welche dann unabhängig Datensätze auf Diskriminierung in den Daten untersuchen können.

Dr. Daniel Gerber sitzend mit Laptop auf dem Schoß auf dem Fockeberg in Leipzig

Ein persönliches Anliegen war es, das Projekt „Jugend hackt“ in die Strategie mit aufzunehmen. Dieses haben wir bereits im neuen Doppelhaushalt 2021/22 erfolgreich verankert. Mit der Aufnahme in die KI-Strategie wird die Bedeutung der Ausrichtung von regelmäßigen Events und einem neuen Lab in Sachsen verdeutlicht. Unter dem Motto „Mit Code die Welt verbessern“ können Jugendliche bei „Jugend hackt“ gemeinsam an Projekten tüfteln und lernen. Dies spielt eine wichtige Rolle für deren spätere berufliche Orientierung. Damit wollen wir dem immer größer werdenden (KI-)Fachkräftebedarf in Sachsen aktiv entgegenwirken.

Offene BÜNDNISGRÜNE Forderungen

Wir begrüßen die KI-Strategie für Sachsen. Damit unterstreicht der Freistaat seine Ambitionen und die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Sachsen ist damit für zukünftige Entwicklungen gerüstet, um weiterhin ein bedeutender IT- und Halbleiter-Standort zu bleiben. Trotzdem hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr gewünscht, konnten dies aber im Abstimmungsprozess nicht erfolgreich unterbringen.

Liest man die KI-Strategie, so fällt einem auf, dass zumeist positiv und alternativlos von KI gesprochen wird. Insgesamt werden kaum Risiken genannt und auch die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von KI-Anwendungen in bestimmten Bereichen wird nicht in Frage gestellt. Wir hätten deswegen gern noch ein weiteres Ziel in die Strategie aufgenommen, welches die Erforschung von Risiken und sinnvollen Einsatzgebieten für KI vorgesehen hätte. Denn Maschinelles Lernen (ML) – aktuell der Kerninhalt des Oberbegriffs KI – ist nur für wenige Bereiche sehr gut geeignet und, wie jede Technologie, keine Allheilmittel für soziale und ökologische Probleme.

Laut Strategie sollen die Möglichkeiten und Vorteile von offenen Daten bei der Aus- und Weiterbildung in der Verwaltung aufgezeigt werden (siehe Strategieziel 7). Wir hätten uns jedoch an dieser Stelle ein Bekenntnis zu „Open by Default“ gewünscht, um hier langfristig einen echten Paradigmenwechsel in der Verwaltung herbeizuführen. Verwaltungshandeln sollte von Beginn an so gedacht werden, dass die dabei anfallenden Daten grundsätzlich frei zugänglich gemacht werden, insofern keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen dagegen sprechen.

Eindrücke vom KI-Kongress

Um die KI-Strategie des Freistaates öffentlich zu machen, fand am 10. September der Sächsische KI-Kongress in Leipzig statt. Die Aufzeichnung und das Programm des KI-Kongresses kann auf smartes.sachsen.de nachgeschaut werden. Unser Praktikant Martin Schlenk war vor Ort.

Auf dem Kongress gab es typischerweise von der Staatsregierung und den vielen Diskussionsteilnehmer:innen jede Menge Lob, sowohl für die Strategie selbst als auch für die bereits laufenden Projekte und die gute Vernetzung verschiedener KI-Akteur:innen in Sachsen. Zugleich wurde aber auch auf den Vorsprung anderer Regionen außerhalb der EU hingewiesen und die Notwendigkeit betont, den Anschluss nicht zu verlieren. Vor diesem Hintergrund wurde immer wieder diskutiert, wie wirtschaftliche Innovation mit Hilfe von KI gelingen kann, ohne dabei zu Lasten europäischer Werte zu gehen.

Vortrag zum Fabmobil auf dem KI-Kongress
Das fahrende Kunst- und Designlabor „Fabmobil“ ist ebenfalls Teil der KI-Strategie als Projekt im Strategieziel 6

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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