Digitalisierung prägt unsere Gesellschaft zunehmend, indem sie in immer mehr Lebensbereiche vordringt. Umso wichtiger ist es, dass wir als Gesellschaft, als Individuen und damit auch als Staat die digitale Welt von morgen selbstbestimmt nutzen und gestalten können. Diese Möglichkeit zur selbstbestimmten Nutzung und Gestaltung verstehen wir heute unter dem Begriff der „digitalen Souveränität“. Die Verabschiedung der sächsischen Open Source-Strategie ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Souveränität des Freistaats.
Wie ermöglichen wir digitale Souveränität im Cyberspace?
Ein Aspekt ist dafür unerlässlich: frei und öffentlich zugänglicher Programmcode, wie es bei Open Source-Software der Fall ist. Denn nur wenn der Programmcode öffentlich zugänglich ist, kann die Software, die die digitale Welt antreibt und bestimmt, aktiv mitgestaltet werden. Open Source-Software ist dabei durch vier Freiheiten gekennzeichnet, deren Vorteile für Sachsen ich bereits ausführlich in meiner Rede zum Antrag zur Erstellung einer Open Source-Strategie für Sachsen erläutert habe.
- Verwenden: Freie Software darf für jeden Zweck ohne Einschränkungen verwendet werden.
- Verstehen: Freie Software darf ohne Einschränkungen durch jeden untersucht werden.
- Verbreiten: Freie Software darf kostenfrei durch jeden weitergegeben und kopiert werden.
- Verbessern: Freie Software darf durch jeden beliebig angepasst werden.
Warum brauchen wir mehr Open Source-Software in der sächsischen Verwaltung?
Im Zuge der Digitalisierung kommt es auch in der sächsischen Verwaltung zu einem immer weiter anwachsenden Einsatz von Software. Aktuell wird dabei vor allem auf nicht-offene Software gesetzt, auch geschlossen oder proprietär genannt. Dies führt häufig zu Abhängigkeiten gegenüber einzelnen Anbietern, dem sogenannten Lock-in-Effekt. Der Bundesrechnungshof hat in der Vergangenheit bereits mehrfach auf Abhängigkeiten gegenüber einzelnen Anbietern und den damit verbundenen Risiken hingewiesen. Die Kosten für Softwarelizenzen etwa sind in den letzten Jahren stark gestiegen.
Der Einsatz proprietärer Software von wenigen Anbietern stellt auch eine Bedrohung für die Integrität und Sicherheit dar, was letztlich die Vertrauenswürdigkeit in die digitale Infrastruktur der öffentlichen Verwaltung gefährdet. Der Einsatz von Open Source-Software gilt als eine wichtige Maßnahme zur Stärkung der digitalen Souveränität der öffentlichen Verwaltung.
Letztlich geht es darum, der Verwaltung in ihrer digitalen Infrastruktur möglichst viele Spielräume zu schaffen, so dass sie selbst bestimmen kann, wie und wo welche Anwendungen zum Einsatz kommen. Eine Erhöhung des Einsatzes und der Entwicklung von Open Source-Software führt zu mehr Herstellerunabhängigkeit und entspricht damit der IT-Strategie des Bundes. Durch den offenen Programmcode kann die Verwaltung außerdem selbstbestimmt die eingesetzte Software an die eigenen Bedürfnisse anpassen und lokale Softwarefirmen für eine Weiterentwicklung beauftragen.
Genese der sächsischen Open Source-Strategie
Die Entwicklung einer sächsischen Open Source-Strategie wurde bereits im Koalitionsvertrag (Seite 60) zwischen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD vereinbart:
Offene Schnittstellen und Standards sollen die Grundpfeiler der sächsischen Softwareinfrastruktur bilden. Zur Stärkung der digitalen Souveränität wollen wir die Abhängigkeit des Landes von einzelnen IT-Anbietern im Zusammenspiel mit Bund, Ländern und Kommunen reduzieren. Die Verwendung von Open-Source-Software in staatlichen Behörden werden wir ausbauen und durch die Staatsregierung eine Open-Source-Strategie für die Öffentliche Verwaltung entwickeln.
Auf meine Initiative hin gab es dazu im November 2022 einen Beschluss im Sächsischen Landtag mit dem die Staatsregierung damit beauftragt wurde, eine Open Source-Strategie für die sächsische Verwaltung zu erarbeiten.
Die Verwaltung als größter Beschaffer von Software kann hier ein deutliches Signal hin zu mehr Open Source-Software in Sachsen setzen. Damit bringen wir auch das Softwareland Sachsen weiter voran. Wir haben in Sachsen bereits viele Firmen und Stakeholder, die im Open Source-Umfeld aktiv sind, wie der letztjährige Sächsische Digitalpreis mit der Kategorie „Open Source“, das sächsische GAIA-X Netzwerk „GAIAsaX“ und die Gründung des Vereins „ALASCA“ gezeigt haben. Mit diesem Potential können und sollten wir langfristig strategisch planen und es weiter ausbauen.
Ziele und Handlungsfelder der Strategie
Mit der im Kabinett beschlossenen „Open Source-Strategie der Sächsischen Staatsverwaltung“ kommt die Staatsregierung dem Auftrag des Landtags nach. Mit Hilfe der Strategie soll die sächsische Verwaltung digital souveräner werden und sich ihrer unterschiedlichen Rollen als Nutzer, Betreiber und Auftraggeber von Software bewusst sein. Um das zu erreichen, definiert die Open Source-Strategie ingesamt sechs Ziele:
- Unerwünschte Abhängigkeiten werden ermittelt und reduziert.
- Ein verbindlicher Umsetzungspfad wird anhand von überprüfbaren Kriterien erarbeitet.
- Verantwortliche werden in Entscheidungsprozessen gegenüber den Vorteilen von Open Source-Lösungen sensibilisiert.
- Durch transparente Kommunikation und Schulungen wird die Akzeptanz der Verwaltungsmitarbeitenden gegenüber Open Source-Software gefördert.
- Innerhalb der Verwaltung wird zu Vernetzung und Austausch angeregt, gleiches gilt für die Kommunikation mit verschiedenen Stakeholdern außerhalb der Verwaltung.
- Zeitgleich werden Prüfung und Anpassung von gesetzlichen Rahmenbedingungen festgeschrieben, um den vermehrten Einsatz von Open Source-Software in Sachsen zu ermöglichen und zu verbessern.
Aus diesen sechs Zielen werden in der Strategie wiederum fünf Handlungsfelder mit konkreten Aufgabenkomplexen abgeleitet:
Im Handlungsfeld „Strategische Lösungskonzeption“ soll ein Umsetzungspfad mit Prioritäten der Umstellung auf Open Source-Lösungen erstellt werden. Dabei sollen auch die Themen Informationssicherheit, Interoperabilität sowie offene Standards und Schnittstellen berücksichtigt werden.
Um Benachteiligungen bei der Beschaffung und dem Einsatz von Open Source-Software zu beseitigen, sollen im Handlungsfeld „Rahmenbedingungen“ rechtliche und organisatorische Vorgaben identifiziert und notwendige Veränderungen initiiert werden.
Da die Entscheidungen im Rahmen von Softwarebeschaffungen letztlich durch die zuständige Stelle getroffen werden, geht es im Handlungsfeld „Entscheidung und Umsetzungsbegleitung“ darum, diese Entscheidungen zwischen den Ressorts abzustimmen und im Sinne der Ziele der Strategie gemeinsam umzusetzen.
Open Source lebt von Transparenz und dem Austausch mit allen beteiligten Akteueren. Deswegen soll im Handlungsfeld „Kooperation und Vernetzung“ eine Koordination und Absprache des Vorgehens mit Bund und Ländern stattfinden. Ein Netzwerk von Stakeholdern (siehe Kapitel 8) bestehend aus Experten und Unternehmen mit Fokus auf Open Source-Software und öffentlichen Partnern sowie wissenschaftlicher Institutionen soll ebenfalls etabliert werden.
Im Handlungsfeld „Wissen und Akzeptanz“ sollen Schulungen, Sensibilisierungsmaßnahmen und Austauschmöglichkeiten entwickelt und durchgeführt werden, um das notwendige Wissen, den Aufbau von Kompetenzen und die Kenntnis über die Gründe der Veränderungen zu kommunizieren.
Was sind die BÜNDNISGRÜNEN Inhalte der Strategie?
Mit der Open Source-Strategie setzen wir ein BÜNDNISGRÜNES und auch ein ganz persönliches Kernanliegen von mir um: „Public Money, Public Code“ – öffentliches Geld, öffentliches Gut. Da wo öffentliches Geld ausgegeben wird, soll auch frei verfügbare Software zum Einsatz kommen. Damit stärken wir nicht nur die Handlungsfähigkeit der sächsischen Verwaltung sondern auch die Transparenz und die Überprüfbarkeit der eingesetzten Software, was das Vertrauen und die Sicherheit erhöht. Außerdem verhindern wir, dass Software für die gleiche Aufgabe mehrfach implementiert wird. Das spart wertvolle Ressourcen, die ohnehin knapp sind in Bezug auf die Digitalisierung, wie etwa der hohe Fachkräftemangel in der IT-Branche.
Open Source lebt vor allem durch die Vernetzung und Kooperation innerhalb der Open Source-Gemeinschaft. Es war uns daher ein Anliegen, dass in der Strategie auch Wege für eine enge Zusammenarbeit mit der Open Source-Gemeinschaft und weiteren relevanten Akteuren stattfindet. So wird die Verwaltung über das Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) mit der Wirtschaft und der Open Source-Gemeinschaft kollaborieren, in dem sämtlicher offener Quellcode auf der Plattform Open CoDE zentral veröffentlicht wird.
Bei der Umstellung auf mehr Open Source in der sächsischen Verwaltung wird es zwangsläufig zu Veränderungen kommen. Für die lokale IT-Wirtschaft wird sich die Auftragslage verändern und neue Betätigungsfelder hinzukommen. Die Arbeit in und zwischen Behörden wird sich anpassen und auch für die Bürgerinnen und Bürger wird es Umstellungen geben. Deswegen war es uns ein besonderes Anliegen, ein kluges Akzeptanzmanagement mit und für alle relevanten Akteure in der Strategieumsetzung mitzudenken.
Was fehlt aus BÜNDNISGRÜNER Sicht?
Wir freuen uns über das mit der Open Source-Strategie einhergehende starke Bekenntnis zur digitalen Souveränität im Freistaat Sachsen. Damit reduziert die sächsische Staatsverwaltung ihre Abhängigkeiten zu einzelnen Software-Anbietern und erhält langfristig ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit. Gerade deswegen hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr Verbindlichkeiten gewünscht, um dieses Bekenntnis noch deutlicher zu untermauern.
Für den Zeitpunkt der Umsetzung der Ziele aus der Strategie wird das Jahr 2028 angestrebt. Da aber keine konkreten Vorgaben gemacht werden, etwa wie viele Fachverfahren bis dahin auf eine Open Source-Lösung umgestellt werden sollen, bleibt aktuell unklar, wie eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie bis zum Jahr 2028 festgestellt werden kann.
In der Strategie wird an mehreren Stellen auf Umsetzungsprojekte als Piloten verwiesen. Diese sollen bereits parallel zur Bearbeitung der einzelnen Handlungsfelder realisiert werden, jedoch werden konkrete Pilotprojekte bisher nicht explizit genannt. So wird beispielsweise die Absichtserklärung zum Souveränen Arbeitsplatz erwähnt, aber nicht dargestellt, wie sich dies in die Open Source-Strategie eingliedert und welche Ziele damit umgesetzt werden. Als weiteres Pilotprojekt für eine Verknüpfung der Deutschen Verwaltungscloud-Strategie mit der sächsischen Open Source-Strategie hätten wir uns eine Verbindlichkeit zum Einsatz des Sovereign Cloud Stack gewünscht.
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