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Offener Brief an Landrat Vogel

Sehr geehrter Herr Landrat Vogel,

in der Pressekonferenz am Donnerstag sowie in der Kommentarspalte der Freien Presse haben Sie gesagt, Sie sind für Ideen, Anregungen und Vorschläge zur Pandemiebekämpfung offen. Als jemand, der im Erzgebirge geboren und aufgewachsen ist und im Moment von dort sehr viele besorgte Emails erhält, nehme ich dieses Angebot gern an und unterbreite Ihnen eben jene:

  1. Um eine Reduktion der Infektionszahlen zu erreichen, müssen Maßnahmen nicht sachsenweit passieren. Dort, wo vermehrt Infektionen stattfinden, nämlich im Erzgebirgskreis (oder auch Bautzen), sollten schärfere Maßnahmen angeordnet, zumindest aber diskutiert und für den möglichen Ernstfall vorbereitet werden. Es ist klar, dass, wie Sie in der Pressekonferenz gesagt haben, „keiner das will”, aber die zunehmende Ausbreitung des Virus gebietet zumindest die vorausschauende Planung. Eine Ausgangssperre ab 21 Uhr für ganz Sachsen, vor allem in Zeiten von Teilschließungen, scheint für eine Reduktion der Zahlen im Erzgebirge nicht zielführend.
  2. Gerade in den jetzigen Zeiten, in denen Menschen stark verunsichert sind, ist eine gute Informationspolitik des Landkreises entscheidend für eine verantwortungsvoll handelnde Bevölkerung. Gleichzeitig schafft sie Akzeptanz für Maßnahmen, gibt Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern eine solide Handlungsgrundlage und räumt Gerüchte aus der Welt. Die Pressekonferenz am 12.11.2020 war dafür ein sehr guter Start. Jetzt müssen Altfälle schnellstmöglich aufgearbeitet und tagesaktuelle Zahlen für Neuinfektionen und Quarantänefälle auf Gemeindeebene veröffentlicht werden. Es ist auch sinnvoll an einer Stelle die bekannten Infektionsfälle tagesaktuell von Kindertagesstätten, Schul- und Pflegeeinrichtungen, sowie die aktuelle und voraussichtliche Auslastung der Krankenhäuser öffentlich zugänglich darzustellen. Es sollte, zumindest in der aktuellen angespannten Lage, darüber nachgedacht werden die Pressekonferenzen häufiger als einmal pro Woche abzuhalten und Fragen aus der Bevölkerung zuzulassen, um das zunehmende Informationsbedürfnis zu befriedigen.
  3. Behörden des Kreises sollten deutlich umfassender die Einhaltung der Maßnahmen kontrollieren und Regelverstöße konsequent ahnden. Hinweisschilder für das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung sollten in allen Gemeinden angebracht werden und gestohlene und beschmierte Schilder ersetzt werden. An dieser Stelle aufzugeben, kann nicht die Lösung sein.
  4. Auch Bürgerinnen und Bürgern können bei der Kontaktnachverfolgung helfen, in dem sie präventiv ein Kontakttagebuch führen, die Abstandsregeln einhalten, ihre Kontakte reduzieren, eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und auch sonst geltende Hygienregeln einhalten. Darauf sollten sie auch ständig, am besten von in der Region angesehenen Persönlichkeiten (auch in den sozialen Netzwerken), hingewiesen werden. Die gestartete Kampagne „Schicht im Schacht” begrüße ich, befürchte aber, dass sie, trotz des für das Erzgebirge passenden Spruches, eher Angst schürt, statt Hilfe bietet. Berlin zeigt, wie das auch mit Humor klappen kann.

Die Situation mit den sehr eingeschränkten Testkapazitäten des Gesundheitsamtes hat mich dazu veranlasst, einen bekannten Biochemiker um Hilfe zu fragen. Prinzipiell hätte ein Labor in der Umgebung verfügbare Kapazitäten, ist aber leider nicht offiziell zertifiziert. Vielleicht ist es Ihnen möglich, an dieser Stelle eine Sondergenehmigung zu vergeben? Ich bedanke mich für Ihre bisherige Arbeit und freue mich auf die zukünftige Zusammenarbeit.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Daniel Gerber

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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