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Kommunen profitieren künftig noch mehr von der Energiewende

Die Energiewende gelingt nur vor Ort. Deshalb setzen wir BÜNDNISGRÜNE uns dafür ein, die Menschen in Sachsen ganz unmittelbar am Erfolg der Erneuerbaren zu beteiligen. Bisher war es Betreibern von Wind- und PV-Anlagen nach § 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bereits möglich, Kommunen und Anwohner:innen freiwillig mit 0,2 Cent pro produzierter Kilowattstunde an den Erträgen aus der grünen Energieerzeugung teilhaben zu lassen. Mit dem Beteiligungsgesetz wollen wir in Sachsen nun einen Schritt weiter gehen und diese Abgabe verpflichtend machen. Damit profitieren überall dort, wo PV- und Windkraftanlagen gebaut werden, in jedem Fall die Bürger:innen vor Ort.

Durch den Entwurf des Beteiligungsgesetzes der Regierungskoalition könnten Kommunen in Zukunft beispielsweise für jedes Windrad Jahr für Jahr mit zusätzlichen Einnahmen von etwa 30.000 Euro rechnen. Für eine 1 MW (ca. 1 ha) große PV-Anlage kommen so bis zu ca. 2.000 € zusammen. Diese Gelder können gezielt für Kita, Sportverein oder kommunale Baumaßnahmen eingesetzt werden und kommen so direkt den Menschen und ihrer Gemeinde zugute. Mittelbar hoffen wir, dass dadurch auch Vorbehalte gegen den Ausbau von Wind- und PV-Anlagen zurückgehen. Gleichzeitig ist klar, dass finanzielle Beteiligung ein wichtiger, aber nicht der alleinige Schlüssel zur Akzeptanz der Energiewende ist – und setzen uns daher weiterhin für transparente und frühzeitige Beteiligungsverfahren sowie Informations- und Beratungsangebote, wie die neu eingerichtete Dialog- und Servicestelle erneuerbare Energien der Sächsischen Energieagentur SAENA ein.

Wirkungsweise des Gesetzentwurfs

Der Entwurf für das Beteiligungsgesetz der sächsischen Regierungskoalition ist mit 10 Paragraphen möglichst schlank und unbürokratisch gehalten – was in der Anhörung am 18. April 2024 auch von den Sachverständigen gewürdigt wurde. Die sächsische Regelung umfasst nach § 2 Windenergieanlagen ab einem Megawatt installierter Leistung (das gilt für alle modernen Windräder – diese haben in der Regel eine Leistung von über fünf Megawatt) sowie PV-Freiflächenanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von einem Megawatt (was ungefähr für Anlagen ab einem Hektar Größe gilt) mit Genehmigung nach dem 31. Dezember 2024. Anspruchsberechtigte Gemeinden nach § 3 sind im Falle von Windenergieanlagen Gemeinden, deren Gemeindegebiet im Umkreis von 2.500 Metern um die Mastmitte liegt. Betrifft das mehrere Gemeinden, so wird die Zahlung je nach Flächenanteilen berechnet. Bei PV-Anlagen ist die Standortkommune anspruchsberechtigt.

Höhe der Zahlungen

Was die Höhe der Zahlung angeht, bietet der sächsische Gesetzentwurf Betreibern und Kommunen zwei Möglichkeiten. Grundsätzlich können Betreiber nach § 4 eine kalenderjährliche Zahlung pro eingespeiste Kilowattstunde leisten und damit ihre Pflicht aus dem Gesetz erfüllen. Die genaue Höhe dieser Zahlung wird im Absatz „Änderungen nach der Anhörung” erläutert. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass Betreiber die Zahlung gemäß § 4 nicht vom Netzbetreiber nach EEG zurückerstattet bekommen können – was uns zu § 5 bringt.

Denn alternativ können Kommunen und Betreiber sich nach § 5 auf eine sogenannte Individualvereinbarung (IV) anstelle der Zahlung nach § 4 einigen. Diese muss „in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Zahlungsverpflichtung gemäß § 4” stehen. Das ist dann der Fall, wenn der Wert zwischen dem halben und doppelten Betrag der Zahlung nach § 4 liegt. Insbesondere kann eine solche Vereinbarung eine Zahlung nach § 6 EEG umfassen, die dann wiederum für die Betreiber erstattbar ist. So ergeben sich für beide Seiten Anreize, eine Individualvereinbarung oberhalb der Zahlungshöhe nach § 4 abzuschließen. Für Betreiber, weil sie bei EEG-Anlagen bis zu 0,2 Cent pro Kilowattstunde vom Netzbetreiber erstattet bekommen können. Und für Kommunen, weil sie mehr Einnahmen erzielen können, als mit der Beteiligung nach § 4. Es ist daher davon auszugehen, dass für einen Großteil der Wind- und PV-Anlagen Vereinbarungen gemäß § 5 getroffen werden.

Wofür können Kommunen diese Mittel einsetzen?

Es ist zunächst gesetzlich geregelt, dass Sonderabgaben wie diese nicht für kommunale Pflichtaufgaben verwendet werden dürfen, da es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe handelt (siehe Gesetzesbegründung zu § 6). Damit ist auch abgesichert, dass solche Einnahmen nicht im Sächsischen Finanzausgleichsgesetz angerechnet werden. Außerdem dürfen Kommunen, die sich in der Haushaltskonsolidierung befinden, die Einnahmen weiterhin frei nutzen. Zusätzlich regelt § 6, dass die Gemeinden die Mittel für Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz für den Ausbau der Wind- und Solarenergie zu verwenden haben.

Darunter kann ein breites Spektrum von Verwendungen fallen – unter anderem sind das

  • die Aufwertung des Ortsbilds und der örtlichen Infrastruktur,
  • öffentliche Informationen über Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien,
  • Klimaschutz- und anpassungsmaßnahmen
  • die Senkung von Energieverbrauch und -kosten der Gemeinde und mein Favorit
  • die Förderung kommunaler Veranstaltungen und sozialer Aktivitäten.

Damit der Bezug zwischen Maßnahme und Geldmitteln besonders deutlich wird, sollen eingenommene Gelder nach Absatz 2 anteilig in den räumlich unmittelbar betroffenen Ortsteilen eingesetzt werden. Darüber hinaus regelt § 7, dass das Gesetz alle drei Jahre evaluiert und im Landtag eventuell notwendige Anpassungen besprochen werden. Zudem bestimmt § 8 welche Geldbußen für Ordnungswidrigkeiten Betreibern drohen, die sich nicht an die Zahlungsverpflichtung halten.

Wiedereinführung der Flex-Option

Neben dem Gesetzentwurf zur finanziellen Beteiligung an Gewinnen aus der Erzeugung erneuerbarer Energien enthält der Gesetzentwurf eine Änderung des Landesplanungsgesetzes. Diese wurde notwendig, weil die 2022 in Sachsen beschlossene Flexibilisierungsklausel zur Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen durch eine Änderung des Raumordnungsgesetz auf Bundesebene 2023 nicht mehr anwendbar war. Dank der Flexibilisierungsklausel können Kommunen selbstständig und ohne langwierige Regionalplanungsprozesse Windkraftprojekte im eigenen Gemeindegebiet umsetzen. Sie erhalten die Möglichkeit, auch außerhalb von Vorranggebieten Windenergieanlagen zu errichten, wenn sich die Gemeindevertretung für eine Unterschreitung der 1.000-Meter-Abstandsregel ausspricht. Zum Stichtag 31.12.2023 wird diese Regelung nur ein Jahr nach Beschluss bei bereits neun Vorhaben mit insgesamt ca. 200 MW Leistung geprüft.

Änderungen nach der Anhörung

In der Anhörung im Landtag befürwortete eine breite Mehrheit der Sachverständigen die Einbringung des Gesetzentwurfs noch in dieser Legislaturperiode. Gleichzeitig wurde deutlich, dass bei einigen Punkten noch leichte inhaltliche oder formaljuristische Änderungsbedarfe bestehen. Diese haben wir in Form eines Änderungsantrags angegangen, der die folgenden Punkte enthält.

Differenzierung der Zahlungshöhe für PV- und Windenergieanlagen

Wie oberhalb bereits angedeutet unterstrichen die Sachverständigen, dass eine gleichartige Belastung mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde den unterschiedlichen Finanzrahmen von PV- und Windenergieprojekten nicht gerecht wird. Insbesondere für kleinere PV-Parks würde diese Zahlungshöhe eine Hürde darstellen, die den weiteren Ausbau in Sachsen massiv hemmen könnte. In der Folge (und in Orientierung an Entwürfen aus anderen Bundesländern wie bspw. Sachsen-Anhalt) ergibt sich aus dem Änderungsantrag, dass für Windenergieanlagen die Zahlungshöhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde gemäß § 4 bestehen bleibt. Für PV-Anlagen allerdings senken wir sie auf 0,1 Cent ab. Weiterhin gilt zu berücksichtigen, dass aufgrund der Ausgestaltung von § 5 für PV-Anlagen weiterhin Individualvereinbarungen bis zu einer Zahlungshöhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde möglich sind.

Angleichung ans EEG: Ausnahme fiktiver Strommengen für PV und Umgang mit Verzicht seitens der Kommune

Im EEG ist geregelt, dass für Windenergieanlagen sowohl tatsächlich eingespeiste als auch fiktive Strommengen für die Berechnung der Zahlungshöhe berücksichtigt werden. Bei PV-Anlagen werden hingegen nur die tatsächlich eingespeisten Strommengen berücksichtigt. Bei den sog. fiktiven Strommengen handelt es sich generell um sehr kleine Anteile von unter 5 Prozent der tatsächlich eingespeisten Strommenge, die etwa aufgrund von Abregelungen durch den Netzbetreiber („Redispatch“) oder sonstigen Abschaltungen und Drosselungen, z.B. für Eigenversorgung oder Stromlieferungen unmittelbar an Dritte, nicht eingespeist wurden. Im ursprünglichen sächsischen Gesetzentwurf wurden auch für PV-Anlagen die fiktiven Strommengen mit einbezogen. In der Praxis würde das allerdings bedeuten, dass Betreiber für jede PV-Anlage mit erheblichem Aufwand exakt ermittelt müssten, welche Strommenge durch eine zeitlich begrenzte Abregelung nicht eingespeist wurde, um am Ende diesen relativ kleinen Betrag zusätzlich an die Kommune auszuzahlen.

Zusätzlich zum Aufwand an sich gibt es dafür keine etablierte Berechnungspraxis. Damit wäre es in Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern massiv unattraktiver geworden, große PV-Anlagen zu errichten. Für das übergeordnete Ziel, durch eine Erhöhung der Akzeptanz letztlich die Energiewende in Sachsen voranzubringen, wäre das kontraproduktiv gewesen. Daher enthält der Änderungsantrag die Ausnahme fiktiver Strommengen für PV-Anlagen. Zudem gilt nun wie im EEG: Im seltenen Fall, dass eine Gemeinde (bspw. mit nur minimal kleinem Flächenanteil am 2.500-Meter-Umkreis um eine Windkraftanlage) eine Zahlung ablehnt, um Verwaltungsaufwand zu sparen, kann der Betreiber ihren Anteil auf die anderen Gemeinden aufteilen.

Verschiebung der Zahlungsfrist von April auf Juni

In der Anhörung wurde deutlich, dass aufgrund der zunächst notwendigen Datenbeschaffung eine Verschiebung der Zahlungsfrist sinnvoll ist, während sie für Kommunen aufgrund der guten Planbarkeit der Einnahmen keine entscheidende Hürde darstellt.

Öffentliche Information über die Verwendung der Geldmittel

Um zur Förderung der Akzeptanz der Erneuerbaren möglichst direkt beizutragen, haben wir in § 6 (Verwendungszweck) die Aufforderung an die Gemeinden ergänzt, einmal jährlich (bspw. im Gemeindeblatt oder auf der Website) öffentlich über die Verwendung der eingenommenen Geldmittel zu informieren. In § 7 wurde zudem klargestellt, dass das zuständige Ministerium an zentraler Stelle einmal jährlich eine Übersicht über alle aufgrund dieses Gesetzes zustande gekommenen Zahlungen veröffentlicht.

Gesetzentwurf mit Änderungen auf einen Blick

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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