Am 26. Juni hatte der Verein ALASCA zu einem presseöffentlichen Runden Tisch zum Thema „Open Source & digitale Infrastrukturen“ eingeladen. Ziel der Gesprächsrunde war ein Austausch zwischen Politik und Wirtschaft, wie die digitale Souveränität im Freistaat Sachsen und damit auch in Europa nachhaltig gestärkt werden kann.
Mit mir waren insgesamt sechs Expertinnen und Experten zum Thema sowie Pressevertreter eingeladen.
- Frauke Greven, Leiterin Digitalagentur Sachsen
- Dr. Marius Feldmann, COO Cloud&Heat Technologies und CEO secustack
- Miriam Seyffarth, Leiterin Politische Kommunikation Open Source Business Alliance
- Paul Hertwig, Geschäftsführer N+P Informationssysteme
- Stefan Ilaender, Geschäftsführer STACKIT Service & Support/Schwarz IT/Schwarz Gruppe
Die ausführlichen Eingangsstatements der geladenen Expertinnen und Experten findet ihr auf der Webseite des Vereins. Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Silicon Saxony e.V., hat die Runde moderiert.
In diesem Beitrag möchte ich euch drei der Fragen vorstellen, die wir gemeinsam besprochen haben und welche Herausforderungen und mögliche Maßnahmen damit einhergehen.
Wie steht es um die digitale Souveränität in der (sächsischen) Wirtschaft?
Mit digitaler Souveränität in der Wirtschaft ist gemeint, ob Unternehmen die eigene Digitalisierung selbstbestimmt gestalten können. Frau Seyffarth merkte dazu an, dass die Abhängigkeit in Unternehmen gegenüber den großen Digitalkonzernen bezüglich der eingesetzten Software, bei der Datenspeicherung und der genutzten Infrastruktur schon längst da ist. Zustimmend ergänzte Herr Hertwig, dass bereits tiefgreifende Abhängigkeiten für das Geschäftsmodell eines Unternehmens geschaffen werden, wenn die eigene Software auf Amazon Web Services, Microsoft Azure und Co. aufbaut.
Trotzdem ist ein deutlicher Fortschritt in den letzten Jahren zu sehen, was ja auch die Gesprächsrunde zeigt. Herr Feldmann sieht ein gesteigertes Bewusstsein und damit auch eine größere Nachfrage in der Wirtschaft.
Ein wichtiges Element von Souveränität ist auch Vertrauen. Herr Ilaender sagte dazu, dass mit Open Source-Software dieses Vertrauen leichter hergestellt werden kann, etwa durch Reproducible builds. Damit kann unabhängig nachvollzogen werden, ob eine Software ohne Veränderung aus dem originalen Quellcode erstellt wurde.
Warum sind wir beim Einsatz von Open Source (in Sachsen) noch nicht weiter?
Zu dieser Frage habe ich direkt ein paar Vorurteile in die Runde eingebracht, welche mir in meiner täglichen Arbeit immer wieder begegnen. Etwa „Da kann ja jeder in den Quellcode reingucken, deswegen ist das nicht sicher“ oder „Dann sind ja auch meine Daten öffentlich einsehbar“. Was natürlich absolut nicht stimmt. Ein Großteil der Infrastruktur des Internets wird mit Open Source-Software betrieben, wie etwa Linux als Serverbetriebssystem oder WordPress für Webseiten. Wären diese nicht sicher, würden sie auch nicht so zahlreich eingesetzt werden. Außerdem bevorzugen gesetzliche Regelungen, auch hier in Sachsen, derzeit immer noch den Einsatz und die Beschaffung von nicht-offener (auch proprietär genannter) Software.
Laut Herrn Feldmann spielt auch die Aggressivität der großen Software-Konzerne eine Rolle. So verbreiten sie Angst vor Open Source gegenüber kleinen und mittelständigen Unternehmen und suchen bei der Vergabe nach jeder juristischen Lücke, um ihre eigenen Produkte zum Einsatz zu bringen. Frau Seyffarth ergänzte, dass das Wissen in den Unternehmen fehlt, sich Support für den Einsatz von Open Source-Software einzukaufen und damit nicht alles selbst machen zu müssen.
Die Unwissenheit und fehlende Kompetenz in Verwaltung und Wirtschaft führte auch Frau Greven an. Es braucht ein Veränderungsmanagement hin zu den Chancen und Möglichkeiten von Open Source-Software und mehr Initiative durch die Verwaltung, etwa durch explizite Ausschreibung von offener Software nach dem Prinzip „Public Money, Public Code“. In meiner täglichen politischen Arbeit setze ich mich bereits täglich für dieses Prinzip ein.
Welche Wünsche haben die Expertinnen und Experten für Sachsen bis 2030?
Zum Abschluss hat Herr Bösenberg alle Expertinnen und Experten gefragt, welche Forderungen sie an die anderen in der Runde haben und was sie sich für Sachsen in Bezug auf Open Source bis zum Jahr 2030 wünschen.
Alle waren sich darüber einig, dass es ein besseres Verständnis darüber braucht, was digitale Souveränität tatsächlich für ein Unternehmen bedeutet. Dass dazu eben nicht nur die eingesetzte Software zählt, sondern auch die Infrastruktur, auf der das eigene Geschäftsmodell aufgebaut ist. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um das Bewusstsein weiter zu schärfen und in die kleinen und mittleren Unternehmen (kurz KMU genannt) hineinzutragen.
Um dies zu erreichen wünscht sich Frau Greven mehr Aufmerksamkeit für das Thema digitale Souveränität in der Ausbildung und im Studium. Herr Feldmann möchte gern, dass die Unternehmen deutlich mehr auf Open Source-Basis miteinander kollaborieren. Damit lässt sich vermeiden, dass in jedem Unternehmen immer wieder das gleiche von Neuen umgesetzt wird. Das setzt Ressourcen für Innovationen frei, anstatt der Digitalisierung weiter nur hinterherzurennen. Genau diese Kollaboration und die Bedarfe an Open Source und souveräner Infrastruktur der Unternehmen und der Verwaltung in Sachsen sollen laut Frau Seyffarth idealerweise durch regionale Anbieter gedeckt werden. Die Politik sollte dafür Open Source als lokalen Wirtschaftsförderungsfaktor erkennen.
Mein Ausblick in die Runde war, dass wir die gute Ausgangslage hinsichtlich Open Source im Softwareland Sachsen weiter voranbringen und nachhaltig ausbauen müssen. Deswegen setze ich mich dafür ein, mehr konkrete Open Source-Projekte in der sächsischen Verwaltung umzusetzen, etwa die Einführung des Souveränen Arbeitsplatzes und den Bau eines nachhaltigen Rechenzentrums unter der Nutzung des Sovereign Cloud Stacks.