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Rede: Klimaneutralität muss für Unternehmen Wettbewerbsvorteil sein

Meine Rede im Sächsischen Landtag zur 2. Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE zum Thema: „Fit for 55 und der Koalitionsvertrag im Bund: Neue Leitplanken für ambitionierten Klimaschutz und nachhaltigen Strukturwandel in Sachsen“

42. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 22.12.2021, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Rede im Landtag: Klimaneutralität muss für Unternehmen Wettbewerbsvorteil sein
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Ich möchte gern mit einer kleinen Geschichte beginnen, die mir persönlich sehr eindrucksvoll gezeigt hat, warum es sich lohnt, für ein klimaneutrales und zukunftsgewandtes Sachsen zu kämpfen.

Ich bin letzte Woche einer Einladung gefolgt und durfte mir eine Eisengießerei im Erzgebirge mit 150 Jahren Firmengeschichte, quasi ein Herzstück der sächsischen Industriegeschichte und -kultur, von innen anschauen. Dort wird, zwar mit modernster Entlüftungsanlage, noch mit einem Kupolofen Eisen bei 1400°C verflüssigt und dann in Formen gegossen. Ein absolutes Spektakel, das ich allen nur empfehlen kann sich einmal anzuschauen.

Das Problem ist jetzt, dass bei der Verbrennung von Koks im Kupolofen natürlich CO2 emmitiert wird. Der Geschäftsführer des KMU mit Personalverantwortung für 85 Menschen, muss jetzt entscheiden, wie er seine Firma CO2-neutral und dabei auch noch wirtschaftlich umbaut. Bisher wurden auf Bundesebene Entscheidungen immer wieder verzögert und ihm eher Steine in den Weg gelegt. Auch Konkurrenz- & Preisdruck bspw. durch Firmen aus der Türkei sind in der Branche ein großes Problem. Für den Umbau gibt es eigentlich nur zwei Optionen:

  1. Umstellung auf Induktionsofen, dafür fehlt aber der entsprechend starke Stromanschluss im Ort, oder
  2. die Umstellung auf Erdgas und späteren Einsatz von grünem Wasserstoff.

Und jetzt kommt der Punkt, den ich hier machen möchte: Wir müssen es jetzt so schnell wie möglich schaffen die richtigen Rahmenbedingungen, ja neue Leitplanken für ambitionierten Klimaschutz bei gleichzeitigem Ankurbeln der Wirtschaft in Deutschland und der EU setzen, damit hier ein Aufbruch entstehen kann. Wenn wir das Problem in der Gießerei lösen, bekommen wir auch die restlichen anderen Fälle hin. Davon bin ich überzeugt.

Und genau diese Leitplanken werden jetzt endlich mit dem „Fit for 55” Paket auf EU Ebene und dem neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene aufgesetzt. „Fit for 55” ist, auch wenn der Name das so vermuten lässt, kein Vorsorge- oder Punktesammelprogramm der Krankenkasse. Es geht um das größte, herausforderndste und schnellste Transformationsprojekt in der Geschichte der Europäischen Union. Die Kommission hat die Überarbeitungen von acht existierenden Rechtstexten sowie fünf Vorschläge für neue Rechtsakte vorgelegt, insgesamt also 13 Rechtsakte. Es enthält unter anderem Vorschläge für Regelungen zur Verschärfung des bestehenden EU-Emissionshandelssystems und zur Ausweitung des Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude.

Denn wir brauchen Investitionsanreize in die richtige Richtung: Unternehmen müssen einen Wettbewerbsvorteil erzielen können, wenn sie klimaneutral produzieren. Außerdem soll für bestimmte Importe von der EU-Kommission ein neuer CO2-Preis eingeführt werden. Der sogenannte Carbon Border Adjustment Mechanism soll dafür sorgen, dass die Klimapolitik in der EU das Problem nicht einfach in andere Länder verlagert. Die Gießerei aus dem Erzgebirge braucht genau diese Sicherheit, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und die Arbeitsplätze hier in Sachsen zu halten.

Und was die Gießerei außerdem, sowohl für die Option Wasserstoff als auch für den Induktionsofen, und eigentlich wirklich alle anderen Industrie- und Wirtschaftsunternehmen in Sachsen auch, egal ob VW oder IT-Dienstleister, unbedingt brauchen, ist Strom aus Erneuerbaren Quellen.

Hier wurden mit dem Koalitionsvertrag gleich eine ganze Reihe Bremsen gelöst, die seit Jahren den Ausbau behindern. Was alles möglich ist, wenn drei Partner aufeinander treffen, die das gleiche wollen, ist schon erstaunlich. Wir haben endlich eine vernünftige Grundlage für den Bruttostrombedarf, die mit 680-750 TWh ca. 20% über der letzten Planungsvorlage aus dem BMWI liegt. Davon werden 80% bis 2030 durch Erneuerbare gedeckt und die dafür notwendige Flächenkulisse, also 2% der Landesfläche für Windenergie, zur Verfügung gestellt. Der Bund-Länder-Kooperationsausschuss wird gestärkt, die Speicher werden als eigenständige Säule des Energiesystems rechtlich definiert und das Strommarktdesign endlich an das digitale Zeitalter angepasst. Und das sind nur einige wenige Punkte.

Ich persönlich bin jetzt sehr gespannt auf die Leitlinien aus Brüssel und Berlin. Ich freue mich, dass sich ambitionierte Klimaschutz anscheinend auf allen politische Ebenen in der EU endlich Rückenwind erfährt.

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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