Meine Rede im Sächsischen Landtag zur 2. Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Zwischen Trockenheit und Überschwemmungen – Auswirkungen des Klimawandels konkret und vor Ort begegnen“
34. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 21.07.2021, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
warum ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien für den Klimaschutz so wichtig?
Viele meiner Kolleginnen und Kollegen standen genauso wie ich schon so oft hier und haben von den Auswirkungen des Klimawandels gesprochen. Mir scheint zwar, dass es einen minimalen positiven Effekt gibt, der reicht aber noch lange nicht aus. Ich könnte ihnen jetzt wieder erzählen, dass
- acht der zehn wärmsten jemals gemessenen Jahre in Deutschland ab 2010 gemessen wurden.
- sich diese Dynamik sogar noch beschleunigt. Und wie schnell sowas eskaliert, konnte man bei den Corona-Kurven schon gut sehen. Im Vergleich zu den 1960er Jahren geht die CO2-Konzentration um den Faktor 2,5 schneller nach oben. Mit dem Überschreiten von 400 parts per million geht man davon aus, dass die Konzentration höher als innerhalb der letzten drei Million Jahren ist.
- wir aktuell bei einer mittleren globalen Erwärmung von 1,2°C sind. Das heißt natürlich nicht, dass das auf der ganzen Welt gleich verteilt ist, in Sachsen sind wir bereits bei 1,6°C Erwärmung. Und um das noch mal klarzustellen: Solange wir der Atmosphäre Treibhausgase hinzufügen, und geplant ist das in der EU bis 2050, also noch gut 30 Jahre, wird es wärmer und die Wahrscheinlichkeit für Extremwetterereignisse nimmt zu. Deshalb brauchen wir auch Klimawandelanpassungsmaßnahmen zusätzlich zum Klimaschutz!
Aber anscheinend funktioniert diese Nennung der Zahlen nicht so richtig. Deshalb versuche ich jetzt mal einen anderen Weg.
1. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen sind zu erwarten, wenn wir nicht handeln?
Sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union wurden Klimaschutzgesetze beschlossen. Dieser Paradigmenwechsel wurde jetzt auch für Sachsen im Energie- und Klimaprogramm für alle Sektoren verbindlich festgeschrieben. Die EU-Kommission hat dazu mit ihrem Fit-for-2030 ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen:
- So sollen die CO2-Emissionen in den ETS-Sektoren um 62 statt bisher 43 Prozent bis zum Jahr 2030 fallen.
- Es soll einen zweiten Emissionshandel für Transport und Gebäude geben.
- Für den Verbrenner ist 2035 Schluss.
Das hat alles selbstverständlich auch massive Auswirkungen auf Sachsen. Und da hilft es auch nicht á la Vogel-Strauß-Politik den Kopf solang in den Sand zu stecken, bis das wieder weg geht. Das hat man bei der Digitalisierung versucht. Da brauche ich niemand zu erzählen, wie das ausging. Unternehmen brauchen in Zukunft erneuerbaren Strom. Erneuerbare Energien werden künftig ein Standortvorteil sein, wie in Irland der Steuersatz. Das haben Tesla in Brandenburg und VW in Dresden und Zwickau schon längst erkannt.
Auch andere Bundesländer haben das schon verstanden, so sagte Dietmar Woidke: „Erneuerbare Energien sind ein Standortvorteil, den wir haben und nutzen wollen. Auch für künftige Ansiedlungen.“
Und man kann nicht davon ausgehen, dass Brandenburg so lieb und nett ist und den eigenen erneuerbaren Strom dem Energieland Sachsen dann zur Verfügung stellt. Es geht also darum, dass alle verantwortlichen Politiker und Politikerinnen auf allen Ebenen in ganz Sachsen konstruktiv an einer Lösung der vielen Konflikte mitarbeiten.
Klimaschutz ist keine Ideologie. Er ist wissenschaftlich unbestreitbar und schützt unsere Wirtschaft und gemeinsame Lebensgrundlagen.
Das steht auch nicht umsonst im Vorwort des Ministerpräsidenten im EKP: „Klimaschutz kann bei verlässlichen Rahmenbedingungen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung schaffen. Je eher gehandelt wird, umso wirksamer ist es für das Klima und umso verträglicher wird es für Wirtschaft und Gesellschaft sein.”
Und ich wünsche mir von der gesamten sächsischen Staatsregierung, dass sie diese Ziele auf Bundes und EU-Ebene im entstehenden Trilog-Verfahren unterstützt. Wer die sächsische Wasserstoffindustrie aus der Taufe heben möchte oder will, dass Autos, die in Sachsen produziert worden, in Zukunft auch Strom aus Sachsen und nicht aus Österreich oder Brandenburg tanken müssen, der kämpft heute für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, damit auch für Klimaschutz.
2. Welche Kosten kommen auf uns zu, wenn wir nicht handeln?
Schauen wir doch mal zurück auf die ersten zwei Jahrhundertfluten dieses Jahrhunderts. Die Kosten für die Flut 2002 in Deutschland werden laut Deutsche Rück auf 11,6 Milliarden Euro beziffert. Die Kosten für die Flut in Deutschland 2013 beliefen sich auf rund 6,7 Milliarden Euro. Die Kosten für die aktuelle Katastrophe werden sich sicher in einer ähnlichen Dimension belaufen. Solche extremen Schäden kann sich kein Staat auf Dauer leisten.
Ich denke da nur an unseren Wald, in dem schon wieder der Borkenkäfer mit der gleich Intensität wütet wie vergangenes Jahr. Ich möchte hier noch einen Vergleich bemühen, der mir sehr treffend scheint: Von konservativer Seite wird häufig, wenn es um das Aufnehmen von Schulden, also von künftigen finanziellen Belastungen für die kommende Generationen, geht, die schwarze Null ins Spiel gebracht. Ohne jetzt auf die Sinnhaftigkeit hier eingehen zu wollen, drängt sich für mich eindeutig die Parallele zum CO2-Ausstoß auf. Hier scheint es plötzlich in Ordnung zu sein, eine Hypothek für künftige Generation aufzunehmen. Das ist weder fair noch gerecht. Daher ist und bleibt für mich der Ausbau der Erneuerbaren Energien der beste Klimaschutz.
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