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Wer nicht misst, kann nicht managen!

Warum wir das Regionale Klimainformationssystem brauchen, um gute Entscheidungen für unsere Zukunft zu treffen

Seit bald nun fünf Jahren arbeite ich im Sächsischen Landtag und setze mich dort für den Ausbau Erneuerbarer Energien in Sachsen ein. Ein grundlegender Antrieb meiner Arbeit ist der wissenschaftlich nachgewiesene menschengemachte Klimawandel. Ich bin davon überzeugt, dass wir als Menschen dafür sorgen müssen, die steigende Erderwärmung durch die konsequente Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Parallel dazu müssen wir uns aber auch mit den Folgen des bereits eingetretenen Klimawandels beschäftigen und unsere Gesellschaft darauf vorbereiten, einen Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu finden. Während wir häufig ganz allgemein von der Begrenzung der weltweiten Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius sprechen, kann leicht in Vergessenheit geraten, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf lokaler Ebene sehr unterschiedlich sein können. Möchte ich als Kommune vor Ort also herausfinden, wie es um die klimatischen Veränderungen (anstehenden Dürren, Starkregen, Trockenheit, Hitze) in meiner Region steht, brauche ich verlässliche Informationen, die auf den Ort, in dem ich lebe, zugeschnitten sind. Um genau diese regional spezifischen Informationen zur Verfügung zu stellen, wurde das Regionale KlimaInformationsSystem (ReKIS) ins Leben gerufen. Ich habe das Projekt vor kurzem besucht und mich mit dem Leiter Dr. Johannes Franke über die Arbeit des ReKIS ausgetauscht.

Wer nicht misst, kann nicht managen – Das Regionale Klimainformationssystem
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Was ist das Regionale Klimainformationssystem?

Seit 2012 gibt es das ReKIS, das regionale Klimainformationssystem. Es beruht auf einer Rahmen-Vereinbarung zwischen den Umweltministerien der drei Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der TU Dresden, deren Professur für Meteorologie in das Projekt eingebunden ist.

Die Basis der Arbeit des ReKIS bildet eine widerspruchsfreie, klimatologische Datengrundlage. Diese besteht erstens aus Beobachtungen wie beispielsweise meteorologischen Messungen aus den Messnetzen des Deutschen Wetterdienstes oder Messnetzen der Umweltämter der einzelnen Bundesländer. Diese Daten dienen vor allem dazu, bestimmte historische Trends der Klimaentwicklung abbilden zu können.

Zweitens arbeitet das ReKIS auch mit Klimamodellen, die auf zukünftige Klimaszenarien Bezug nehmen. Grundsätzlich gibt es viele verschiedene Ansätze solcher Klimamodelle. Sie alle dienen dazu, abschätzen zu können, wie sich die Klimadaten in Zukunft weiterentwickeln werden. Für eine solche Abschätzung des Klimas werden oft mehrere Klimamodelle (Ensembles) in einen Zusammenhang gesetzt. Die finalen Abschätzungen werden dann in sogenannten Ergebnis-Korridoren dargestellt.

Woher bezieht ReKIS Daten?

Das ReKIS erstellt keine eigenen Klimamodelle für Mitteldeutschland, sondern nutzt für seine Arbeit dieselbe Datengrundlage, auf der auch die Klimaberichte des Weltklimarates, Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), beruhen. Konkret handelt es sich um die Klimamodelldatenbasis CMIP5, auf der auch der 5. Sachstandsbericht des IPCC 2014/15 beruht sowie CMIP6, die Datengrundlage des 6. Sachstandsberichtes des IPCC 2023. Die dort verwendeten Modelle werden vom Deutschen Wetterdienst für die Region Deutschland heruntergebrochen (Downscaling) und im sogenannten DWD-Referenzensemble zur Verfügung gestellt. Auf Basis dieses DWD-Referenzensembles selektiert das ReKIS nun nach bestimmten objektiven Vorgaben ein Ensemble heraus, welches für das Klima in Mitteldeutschland am geeignetsten ist. Dieses Ensemble nennt sich das Mitteldeutsche Kernensemble (MDK).

Wofür werden die Klimamodelle benötigt?

Anhand der Daten, die das ReKIS aufbereitet, können beispielsweise Angaben dazu gemacht werden, wie warm es in Sachsen bzw. einer beliebigen Kommune 2050 werden wird oder wie hoch der Niederschlag am Ende des laufenden Jahrhunderts sein wird. Das ReKIS liefert somit die Eingangsinformation für den Bereich der Klimafolgen. Es versteht sich als Dienstleister für Wissenschaft, Verwaltung, Politik und andere Akteure, die sich mit Fragen der Auswirkungen des Klimas beschäftigen. Eine solche Frage kann zum Beispiel sein: Wie sieht perspektivisch der Wasserhaushalt unserer Kommune aus? Oder was sind die Klima-Rahmenbedingungen, wenn wir unseren Wald umbauen wollen? Das ReKIS stellt die Datengrundlage für solche Fragen zur Verfügung anhand derer unterschiedliche Akteure in Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Gesellschaft sich einen Überblick über Klimaveränderungen in ihrer Region verschaffen können. Darauf basierend können Programme und Maßnahmen entwickeln werden, die den Folgen dieser Klimaveränderungen adäquat begegnen.

Welche klimatischen Veränderungen gibt es in Sachsen?

Auch in Sachsen zeigt sich ein deutlicher Trend zur Erwärmung. Diese Erwärmung ist der treibende Faktor für sehr komplexe Auswirkungen. Eine davon ist, dass es immer öfter zu sogenannten Wetterextremen kommt. Hiermit sind beispielsweise Starkregen oder auch starke Böen gemeint. Diese treten in Zukunft nicht nur häufiger auf, sondern halten auch über einen längeren Zeitraum an. Ein Beispiel für ein solches Wetterextrem ist die Trockenheit in Sachsen, die bereits 2014 begonnen hat, deren Auswirkungen allerdings erst im Frühjahr 2018 deutlich sichtbar wurden. Hinzu kommt, dass in Zukunft auch mehrere Witterungsextreme gleichzeitig auftreten werden. So tritt beispielsweise zur selben Zeit über einen längeren Zeitraum ein erhöhtes Temperaturniveau auf sowie ein Niederschlagsdefizit, wodurch wiederum neuartige Extreme entstehen.

Die Klimasteckbriefe

Ganz konkret lassen sich die Veränderungen anhand der Klimasteckbriefe nachvollziehen, welche das ReKIS allen Kommunen in Sachsen zur Verfügung stellt. Die Klimasteckbriefe sollen Akteurinnen und Akteure dabei unterstützen, Klimaentwicklungen in ihrer Kommune bewerten zu können. Dabei beziehen sich die in den Klimasteckbriefen angegeben Änderungen des Klimas immer auf die sogenannte Klima Referenzperiode, die den Zeitraum 1961 bis 1990 umfasst.

Wir haben uns den Klimasteckbrief meiner Heimatstadt Aue-Bad Schlema einmal genauer angeschaut. Auf der ersten Seite des Steckbriefes wird angezeigt, dass sich die Temperatur in Aue bis 2050 voraussichtlich um 2,6 Grad steigern wird. Außerdem werden die wichtigsten von der Kommune zu treffenden Maßnahmen beschrieben: die Erstellung eines Hitzeaktionsplanes, die Anpassung der Bauleitplanung und der Gebäude an Hitze, der Schutz von älteren Menschen und Kindern vor Hitze sowie ein weiterhin funktionierender Winterdienst.

Frontseite des Klimasteckbriefs von Aue-Bad Schlema

Auf der zweiten Seite folgt zunächst eine allgemeine Erklärung zum Klimawandel. Außerdem wird erläutert, dass die Daten des Steckbriefes sowohl aus Beobachtungsdaten aus der Vergangenheit und Gegenwart als auch aus für die Zukunft errechneten Klimaszenarien besteht. Daraufhin folgt die Darstellung der generellen Temperaturentwicklung im Ort sowie detaillierte Angaben zu Veränderungen, die sich daraus ableiten lassen. So wird sich in Aue-Bad Schlema beispielsweise die Anzahl der Sommertage (mehr als 25 Grad Celsius Tagesmaximumtemperatur) bis 2050 voraussichtlich auf 44 solcher Tage verdoppeln, die Zahl der heißen Tage (mehr als 30 Grad Celsius Tagesmaximumtemperatur) wird sich sogar im Vergleich zur Klimareferenzperiode mehr als vervierfachen! Um hierauf als Kommune adäquat reagieren zu können, schlägt der Steckbrief folgende Maßnahmen vor: öffentliche Trinkwasserspender, Klimatisierung von Altenheimen und Schulen, Einrichtung von Hitzewarnsystemen, angepasstes Bauen etc. Außerdem sind in dem Steckbrief auch Angaben zu Frost- und Eistagen, zur Niederschlagsentwicklung, Regentagen, Starkregentagen, zur Verdunstung sowie zum Dürreindex (SPEI) zu finden.

Eine weitere wichtige Größe, die in den Klimasteckbriefen angegeben ist, ist die Klimatische Wasserbilanz. Hierbei handelt es sich um ein Maß, welches sich aus der Differenz von Niederschlag minus potenzieller Verdunstung errechnen lässt. Hier zeigt sich, dass es in Aue-Bad Schlema bereits zu einem starken Rückgang des atmosphärisch verfügbaren Wassers gekommen ist. Grundwasserstände sind deutlich gesunken und Trockenheitsschäden nehmen zu. Auch der ausgetrocknete Boden wird erosionsanfälliger. Um auf diese Probleme zu reagieren, schlägt der Klimasteckbrief beispielsweise vor, die Wasserversorgung anzupassen, den Wasserrückhalt in der Stadt sowie in der Fläche zu erhöhen sowie trockenheitstolerante Stadtbäume zu pflanzen. Auch die Bewirtschaftung des Bodens muss angepasst werden.

Auf der letzten Seite des Klimasteckbriefs finden sich weiterführenden Informationsangebote zum Thema. In Zukunft sollen mehr Informationen zu Fördermöglichkeiten für Kommunen in den Steckbrief integriert werden. Außerdem haben viele Kommunen an das ReKIS herangetragen, dass durch die Veränderungen des Windes (mehr Starkböen) viele Schäden in den Kommunen entstehen. Daher soll die Klimagröße Wind in Zukunft Eingang in den Steckbrief finden.

Ihr wollt auch einmal schauen, wie es um die klimatische Entwicklung in eurer Kommune steht? Dann schaut auf der Internetseite des ReKIS vorbei.

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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