Meine Gegenrede im Sächsischen Landtag zum Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Eine Dividende für alle! Klimaschutz geht nur sozial gerecht!“ (Drucksache 7/8249)
Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 05.05.2022, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
zunächst möchte ich noch einmal klar feststellen, wer für die erhöhten Energiepreise verantwortlich ist. Das ist eindeutig Putin und eine verfehlte Energiepolitik, die einseitige Abhängigkeit geschaffen hat. Wegen der absichtlichen Verknappung von Gas vor dem vergangenen Winter und dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und deswegen notwendig gewordenen Sanktionen gegen Russland sind die Energiepreise massiv gestiegen. Wir müssen leider auch damit rechnen, dass dieser Zustand noch eine Weile anhält. Aktuell ist keine Entspannung in diesem Konflikt in Sicht. Die Bundesregierung war in der Lage, die russischen Energieimporte in kürzester Zeit drastisch zu reduzieren. Aber im Hinblick auf ein kommendes Ölboykott der EU müssen wir so ehrlich sein und sagen, das Deutschland diese Kosten vermutlich nicht dauerhaft vollumfänglich tragen kann. Da müssen wir gemeinsam durch.
Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir uns mit dem Ausbau der Erneuerbaren so unabhängig wie möglich von Energieimporten machen und zielgerichtet vorgehen. Wir müssen diejenigen, die am meisten Unterstützung brauchen, besonders unterstützten. Das gilt für Bürgerinnen und Bürger, genauso wie für Unternehmen die unter hohen Energiekosten leiden. Daher bin ich der Linken auch dankbar, dass dieses Thema hier debattiert wird.
Ich hatte im Februar schon mal verdeutlicht, wie ungerecht in Deutschland Vermögen verteilt sind. Ich fasse das aber gern noch mal zusammen: Fast 40 Prozent der Deutschen haben kein Erspartes oder sind sogar netto verschuldet. Diese Menschen treffen natürlich die hohen Lebensmittel- und Energiepreise besonders.
Die Linksfraktion hat das zwar schon im November 2021 erkannt, hat aber versäumt, den Antrag an die Realität anzupassen. Der Antrag wirkt für mich wie aus der Zeit gefallen. Ich war bisher der Meinung, dass Oppositionsanträge Dinge fordern sollten, die noch nicht oder nicht ausreichend umgesetzt sind. Es wurden allerdings mittlerweile zwei Entlastungspakete geschnürt, die deutlich über die Forderungen des Antrags hinaus gehen. Wir hatten das übrigens auch schon live hier im letzten Plenum, aber hier noch mal die Zusammenfassung: Die EEG-Umlage wurde abgeschafft. Es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für Erwerbstätige, 200 Euro für Sozialhilfeempfänger:innen und 100 Euro pro Kind. Es wurde ebenfalls der Heizkostenzuschuss für Wohngeldbeziehende, Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende verdoppelt. Und es wurde erstmals ein attraktives Angebot für die Nutzung des ÖPNV in ganz Deutschland für 9 Euro pro Monat geschaffen. Zugegebenermaßen nur temporär, aber definitiv besser als drei Zeilen Antragstext.
Ich möchte Ihnen aber auch gern noch fachlich ein paar Punkte mit auf den Weg geben.
zu Punkt 1.1 der Einmalzahlung von 200 Euro
Die Bundesregierung hat sich entschlossen, für alle Erwerbstätigen 300 Euro auszuzahlen. Sie haben das in ihrer PM als „symbolisch“ abgestempelt. Es sind aber 100 Euro pro Person mehr als in ihrem Vorschlag. Das hilft dann also auch Menschen, die knapp oberhalb der Armutsgefährdungsschwelle leben. Und dieses Bundespaket wirkt zielgerichtet, da es versteuert werden muss. Das heißt, Einkommensschwächere haben mehr davon als Besserverdienende. Und noch ein organisatorischer Hinweis: Sie fordern die Auszahlung bis zum 30. April. Heute ist der 05. Mai. Also die neue Bundesregierung ist sehr schnell im historischen Vergleich, aber Zeitreisen sind doch etwas zu viel verlangt.
zu Punkt 1.2 der Klimadividende
Auch dieser Punkt ist bereits Beschlusslage der Bundesregierung. Er hat Einzug in den Koalitionsvertrag erhalten. Was aus meiner Sicht noch viel wichtiger ist, ist der Umstand, dass dieser Punkt auch im Koalitionsausschuss im März explizit gemacht wurde. Dort steht geschrieben: „Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, wird die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für das Klimageld entwickeln.“ Dass das Ganze bürokratiearm, kosteneffizient und rechtssicher machbar ist, kann man in einer kürzlich veröffentlichten Studie, durchgeführt von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, nachlesen. Aus BÜNDNISGRÜNER Sicht beinhaltet das Klimageld zwei wesentliche Vorteile:
- Es reizt zum Energiesparen an, da das Energiepreissignal nicht „verwaschen“ wird, so wie es jetzt beispielsweise bei der Senkung der Mineralölsteuer passiert und
- enthält es eine „soziale Komponente“, da Geringverdienende stärker entlastet werden als Besserverdienende. So können wir Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander verbinden.
zu Punkt 1.3 Kosten für den energetische Sanierung
Den Vorschlag, hier sämtliche Kosten auf Vermietende umzuwälzen, halte ich für falsch. Hier läuft die Diskussion um das Stufenmodell seit Längerem und diese ist deutlich differenzierter als eine pauschale Abwälzung der Kosten auf eine Seite. Hier machen Sie es sich viel zu einfach. Das Stufenmodell nimmt Vermietende besonders dann in die Pflicht, wenn der Gebäudebestand nicht energieeffizient ist und somit hohe CO2-Emissionen anfallen. Damit wird aktiv die energetische Sanierung dieser Gebäude angereizt! In energieeffizienten Gebäuden tragen wiederum Mietende einen höheren Anteil der sowieso deutlich geringeren CO2-Kosten. Insgesamt darf nicht vergessen werden: Der CO2-Preis soll als Aufpreis auf den Energieverbrauch wahrgenommen werden und aktiv zum Energiesparen anreizen. Die soziale Kompensation erfolgt perspektivisch über das Klimageld.
Zusammenfassend bleibt zu sagen: Unserer Fraktion ist das Thema extrem wichtig. Nicht umsonst war genau das Teil des Entschließungsantrag zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Wir müssen dringend etwas in Deutschland gegen die Ungleichverteilung bei den Vermögen unternehmen. Wenn 40 Prozent der Bevölkerung kein Vermögen hat oder sogar netto-verschuldet ist, ist das viel zu viel. Ein Baustein dabei ist eine sozial gerechte Lösung für eine CO2-freie Zukunft. Aber der vorliegende Antrag liefert diese Lösung aus unserer Sicht nicht. Wir werden deshalb dem Antrag nicht zustimmen.