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Rede: Moblitätswende heißt nicht nur Antriebe umzustellen, sondern Mobilität neu zu denken

Meine Rede im Sächsischen Landtag zur 3. Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion CDU zum Thema: „Auch mit E-Fuels zur Klimawende – alle relevanten Antriebstechnologien im Verkehr sinnvoll einsetzen!“

45. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 10.02.2022, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Rede im Landtag: Moblitätswende heißt nicht nur Antriebe umstellen, sondern Mobilität neu denken
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Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte meinen Redebeitrag gern damit beginnen, mich bei Bundesverkehrsminister Wissing für seine ehrliche Einschätzung zum Ende des Verbrenners zu bedanken. Seine Meinung nach dem Studium eines Sachverhalts zu ändern, erfordert Größe und sollte in der Politik viel häufiger passieren.

Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass auch die CDU die Wichtigkeit des Verkehrssektors in der Energiewende erkannt hat.

Denn der Verkehrssektor macht immerhin 20 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland aus. Im Jahrzehnt vor Corona sind die Emissionen im Verkehrssektor allerdings um 7 Prozent gestiegen. Ob der Grund für diese Entwicklung in der Besetzung des Bundesverkehrsministeriums mit Herrn Scheuer liegt, kann ich nur mutmaßen.

Was muss aus dieser Feststellung nun folgen?

Der bisherige Trend muss, ähnlich wie bei der Corona-Welle, gebrochen und umgekehrt werden. Bis 2030 brauchen wir eine Halbierung der aktuellen Emissionen im Verkehrssektor, um die gesetzlichen Klimaschutzziele zu erreichen. Dass dabei alle Bereiche des Verkehrs eingebunden werden müssen, liegt auf der Hand.

Natürlich ist diese Erkenntnis nicht neu und es gibt diverse Studien, die verschiedene Antriebskonzepte im Hinblick auf Nachhaltigkeit aber auch Wirtschaftlichkeit vergleichen. Gemeint sind dabei insbesondere seriöse Studien, wie vom ifeu Institut in Zusammenarbeit mit dem DLR (Studie), Agora Verkehrswende (Studie) oder dem Öko-Institut (Studie).

Alle kommen zu dem Schluss, dass die direkte Elektrifizierung von Mobilität in den allermeisten Fällen dem Umweg, Wasserstoff und Synthetische Kraftstoffe als Wasserstoff-Folgeprodukte zu erzeugen, vorzuziehen ist! Und zwar von der Umweltbilanz im gesamten Lebenszyklus als auch im Hinblick auf die Kosten.

Gemäß den Grundsätzen der Thermodynamik geht bei jeder Energieumwandlung nutzbare Energie verloren. Und Energieumwandlungen gibt es bei E-Fuels einige: angefangen bei der Wasserstoffelektrolyse, über die Aufbereitung zum eigentlichen Kraftstoff, und am Ende steht die energetisch ineffizienteste Umwandlung: die schnöde Verbrennung. Dann kann man zwar politisch dagegen argumentieren, aber die Physik lässt sich nicht ändern.

Die Zahlen sprechen dabei für sich. Die Dena (Studie) kommt übrigens zu den gleichen Ergebnissen wie Autobild (Studie).

Es kommt zu einem hohen Effizienzverlust: für 1 kWh E-Fahrzeugleistung müssen etwa 6-7 kWh im Verbrennungsmotor bzw. 2 kWh in einer Brennstoffzelle umgesetzt werden. Das entspricht einem Wirkungsgrad von 80 Prozent für elektrische Fahrzeuge bzw. 15 Prozent Verbrenner.

Ein Liter synthetisches Dieseläquivalent kostet heute etwa 4,50 Euro pro Liter. Zum Kostenvergleich: Das Strom-Äquivalent für 1 Liter Kraftstoff mit einer Aufdach-Fotovoltaik-Anlage kann für 90 Cent, mit großen Anlagen sogar für 30 Cent produziert werden.

Wie in der gesamten Wasserstoffdiskussion, ist die Grundvoraussetzung für eine positive Klimawirkung in jedem Fall die Verwendung von erneuerbar erzeugtem Grünstrom! Warum man dabei den Umweg über die Erzeugung eines synthetischen Kraftstoffes nehmen sollte und nicht direkt das E-Auto belädt erschließt sich nicht wirklich. Es gibt einen breiten Konsens in der Wissenschaft, aber auch in der Branche, dass E-Fuels im Individualverkehr nichts zu suchen haben!

Diese Aussage wird gestützt durch eine Studie im Auftrag des VDA (Studie). Auch die deutsche Automobilindustrie, darunter VW und Mercedes, setzt bei der Entwicklung voll auf E-Mobilität.

Je nachdem, wie sich die Kosten und Konzepte in den kommenden Jahren entwickeln, werden E-Fuels immer dort wichtig sein, wo Elektrifizierung nicht möglich oder sehr teuer ist. Im Wesentlichen wird der Einsatz im Luftverkehr, ggf. Schiffsverkehr und in der Industrie stattfinden.

Ich möchte da auf jeden Fall sicher gehen, dass die Stahlbranche in Sachsen die Transformation schafft, bevor die wertvolle Kapazität anderweitig verwendet wird.

Dem viel diskutierten Vorschlag, E-Fuels in großem Stile im sonnenreichen Afrika herzustellen und dann zu importieren kann man zwei wesentliche Punkte entgegensetzen. Erstens wird es Jahre dauern, bis eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut und etabliert ist. Somit sind E-Fuels keine verfügbare Brückentechnologie. Das Ziel ist bis 2030 hier etwas zu erreichen. Zweitens macht man sich mit diesem Vorgehen erneut abhängig von Geopolitik, Energieimport und den dazugehörigen Weltmarktpreisen.

Mobilitätswende heißt natürlich nicht nur Antriebe umzustellen, sondern im Wesentlichen auch Mobilität neu zu denken. Wir brauchen stärkere Nutzung der Schiene im Güterverkehr, Ausbau und Stärkung des ÖPNV und Fahrrad- und Fußgängerfreundliche Städte.

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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