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Rede: Aus Corona-Krise für Klimakrise lernen

Datum: 11.06.2020

Mein Redebeitrag zur Fachregierungserklärung des Staatsministers für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Wolfram Günther zum Thema: „Coronakrise und Klimakrise meistern – Mit einem Green New Deal Energiewende, Klima- und Artenschutz voranbringen und zu mehr regionaler Wertschöpfung kommen“.

Die Rede des Staatsministers könnt ihr im Plenarprotokoll der Sitzung nachlesen. Den Redebeitrag des Kollegen Volkmar Zschocke (BÜNDNISGRÜNE), ebenfalls zur Fachregierungserklärung, findet ihr auf seiner Webseite.

Rede im Landtag: Aus Corona-Krise für Klimakrise lernen
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

“Mensch und Natur müssen Hand in Hand gehen. Die Unausgewogenheit der Ressourcen unserer Natur bringt auch das Leben der Menschen aus dem Gleichgewicht.”

Das war 1935 eine Motivation des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt für den New Deal. Der war damals die Antwort auf eine bis dahin nie dagewesene Weltwirtschaftskrise. Und er ist aktueller denn je. Wir stehen am Anfang der entscheidenden Dekade für den Klimaschutz. Wir haben jetzt, durch die Corona-Krise, genau diesen einen Versuch. Handeln wir jetzt nicht sofort, riskieren wir den permanenten Ausnahmezustand für die kommenden Generationen. Genau deswegen brauchen wir den Green New Deal für Sachsen jetzt.

Die Auswirkungen der Klimakrise können wir längst hier beobachten. So unterschreiten derzeit etwa 89 Prozent der Messstellen den monatstypischen Grundwasserstand um durchschnittlich 52 cm. Die Folgen hat der Staatsminister bereits eindrucksvoll dargestellt: Waldsterben 2.0, Borkenkäfer, geringere Wasserstände in Talsperren und eingeschränkte Schifffahrt. Kurz: Wegbrechende Einnahmen – zusätzliche Ausgaben.

Das Konjunkturpaket des Bundes, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist richtig jetzt Geld in den Ausbau von Ladesäulen-Infrastruktur, in die Forschung und Entwicklung im Bereich der Elektromobilität und Batteriezellfertigung zu investieren. Auch dass der PV-Deckel endlich aus der Geiselhaft befreit wurde ist längst überfällig und ermöglicht uns, Sachsen’s große PV-Potentiale zu heben.
Auch die Forschung und Entwicklung künstlicher Intelligenz soll gefördert werden. Das hilft uns dabei Umweltbelastungen zu reduzieren, Systeme und Prozesse ressourceneffizienter zu gestalten und das Systemverständnis von Umwelt und Klima zu verbessern. Quantencomputer und bspw. die Simulationen großer komplexer Moleküle kann, wie auf dem Weltwirtschaftsforum besprochen, bei der Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele ein enormes Potenzial entfalten und dabei helfen den Energieverlust bei Ladungsübertragung zu minimieren, besseren Dünger und effizientere Batterien herzustellen. Wir sollten hier gemeinsam dafür kämpfen, dass diese versprochenen Gelder auch nach Sachsen fließen.

Bleiben wir doch noch kurz bei der Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit, bei Bits und Bäumen quasi. Wer die Diskussion zur Flexibilisierung der Stromnachfrage, Stichwort §14a EnWG, verfolgt hat, dem ist bekannt, dass man, um die Volatilität der erneuerbaren Energien auszugleichen und gleichzeitig die Sektorkopplung zu beschleunigen, flexible Steuerungssysteme braucht. Genau diese Energiemanagementsysteme, brauchen Standards und Software, damit ich mein Elektrofahrzeug auch im Urlaub im Ausland effizient laden kann. Sachsen ist Softwareland und IT die am stärksten wachsende Branche. Das sollte Corona noch beschleunigen. Ich möchte, dass das auch in Zukunft so weitergeht, und dass die Standards, Soft- und Hardware der Energiewende maßgeblich in Sachsen mitentwickelt werden und in der ganzen europäischen Union Anwendung finden. Es gibt bereits Stromanbieter in Sachsen, die erste Pilotprojekte beendet und wichtige Pionierarbeit geleistet haben. Genau so schafft man langfristige krisenresistente Arbeitsplätze.

Wir müssen jetzt auch endlich das Kohleausstiegspaket beschließen und damit den Startschuss für den Strukturwandel in unseren Kohleregionen geben. Es kann nicht sein, dass ständig wieder neue „Infektions-Ereignisse” eintreten, um in der Corona-Terminologie zu bleiben, und den eh schon sehr fragilen Kompromiss bis hin zur Unkenntlichkeit verstümmeln.
Damit Sachsen Energieland bleibt, brauchen wir eine zukunftsfähige Energieversorgung. Denn schon heute ist Strom aus Erneuerbaren günstiger als der aus Braunkohle. Das wird auch in Sachsen bis zum Kohleausstieg 2038 ein Problem. Wir müssen also aus eigenem Interesse konsequent in den Ausbau der Erneuerbaren investieren. Vor diesem Hintergrund müssen wir unbedingt sicherstellen, dass wir endlich anfangen, die nötigen Gelder für die Tagebaurenaturierung sicherzustellen. Dazu sollten, falls sie denn tatsächlich gezahlt und nicht vorher von der EU kassiert werden, die Entschädigungszahlungen an die Kohleunternehmen genutzt werden.
Das Repowering von Altanlagen muss erleichtert und die Förderung von alternativen Energietechnologien, insbesondere Power-to-X, vorangetrieben werden, um die Sektorenkopplung zu erreichen.
Aber auch in anderen Bereichen wie beispielsweise im Bau kann CO2 eingespart und gleichzeitig die Konjunktur angekurbelt werden. Etwa mit Zuschüssen in die energetische Gebäudesanierung und ein Austauschprogramm für alte und ineffiziente Technik.

In der Corona-Krise haben wir die erste Welle überstanden, trotzdem sind wir noch am Anfang der Pandemie. In Deutschland hat sie zwar tiefe Wunden hinterlassen. Wir haben Sie bisher, aber wie kaum ein anderes Land in der Welt gemeistert.
Warum? Weil wir in der Corona-Krise auf die Wissenschaft gehört haben. Und nicht zu vergessen, wir haben das System geschaffen, dass so erstklassige und weltweit anerkannte Forscherinnen und Forscher überhaupt ermöglicht.
Aber auch jede und jeder einzelne von uns hat in den letzten Wochen gelernt, wie entscheidend es ist, zusammenzuhalten und gemeinsam die Lösung zu finden. Diese Energie, diese Solidarität, die Rücksichtnahme auf Risikogruppen in unserer Gesellschaft, die wir gerade in der Corona-Krise erleben, können und sollten wir nutzen, um die Klimakrise anzugehen.
In einer globalisierten Welt sind wir selbstverständlich davon abhängig, in welchem Zustand sich die Wirtschaft und Gesellschaft in anderen Regionen des Globus befindet. Durch die Klimakrise drohen aber davon große Teile unbewohnbar und viele Menschen heimatlos zu werden. Damit wäre in weitaus größerem Maßstab unsere Lebensweise bedroht als durch Corona.
Selbst die „Sparsamen 4” schlagen daher die „Gewährleistung eines grünen Übergangs, der die ehrgeizige Klima-, Wachstums- und Digitalagenden der EU untermauert” vor. Und genau deshalb gebe ich Prof. Dr. Wöller recht, wenn er sagt: „Die Krise zu bewältigen, kostet sehr viel mehr Geld als vorzusorgen. Etwas zu reparieren, ist immer teurer.” Denn das gilt nicht nur für Corona, sondern auch für die Klimakrise.

Während in der Corona-Krise die ältere Generation die Risikogruppe darstellt, ist es in der Klimakrise die Junge. Wir können zwar zur Bewältigung der Klimakrise keinen Mund-Nasen-Schutz tragen, dafür aber die Verantwortung für die kommenden Generationen.


Beitragsbild: Ralf Roletschek, CC BY 3.0

Dieser Beitrag ist, sofern nicht anders angegeben, nach Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0  lizensiert.

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